Heute ist die Zukunft von gestern VIII: »Fernlesen mit Bildschirmtext«

22. Juni 2012

Der Bildschirmtext konnte sich hierzulande in den 1980er Jahren bekanntlich nicht durchsetzen (trotz entsprechender Werbekampagnen). Anfang der 1980er Jahre aber waren die mit dem neuen Medium verknüpften Erwartungen überaus weitreichend – und nicht wenige Beobachter sahen den »Abschied von Druck und Papier« in denkbare Nähe rücken (vgl. kritisch: Spiegel 32/1980).

Der Bildschimtext als Bestandteil der »Heimkommunikationszentrale«
der 1980er Jahre (Quelle: Reichardt 1981: 99)

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Heute ist die Zukunft von gestern VII: »Das universelle Informationsterminal« ’72

2. April 2012

Vergangene Vorhersagen sind eine interessante Lektüre, nicht nur weil sie vor Augen führen, wie sich auch wissenschaftliche Auguren verschätzen können (oder eben auch nicht): Sie zeigen überdies, dass viele Hoffnungen und Ängste nicht erst in den aktuellen Debatten um neue Medien entstanden sind. Diesmal ist ein Text von Karl Steinbuch zur »Massenkommunikation der Zukunft« an der Reihe, zu finden im Sammelband Forschung ’72 – Berichte aus Wissenschaft und Technik, herausgegeben von der Zeitschrift Umschau in Wissenschaft und Technik (Frankfurt a.M. 1971: Fischer).

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Heute ist die Zukunft von gestern VI: Enzensberger vs. Enzensberger

4. März 2012

Im Kursbuch 20 (1970) vermutete Hans Magnus Enzensberger, dass die entfremdenden Effekte der Massenkommunikation einzig durch die Aufhebung der Rollenverteilung von Produzenten und Konsumenten überwunden werden könnten und die neuen elektronischen Medien dabei eine tragende Rolle spielen würden (Auszüge):

»In der heutigen Gestalt dienen Apparate wie das Fernsehen oder der Film [.] nicht der Kommunikation sondern ihrer Verhinderung. Sie lassen keine Wechselwirkung zwischen Sender und Empfänger zu […]. Dieser Sachverhalt lässt sich aber nicht technisch begründen. Im Gegenteil: die elektronische Technik kennt keinen prinzipiellen Gegensatz von Sender und Empfänger.

Die neuen Medien sind ihrer Struktur nach egalitär. Durch einen einfachen Schaltvorgang kann jeder an ihnen teilnehmen; die Programme selbst sind immateriell und beliebig reproduzierbar. […] Schon aus den angegebenen strukturellen Eigenschaften der neuen Medien geht hervor, dass keines der heute herrschenden Regimes ihr Versprechen einlösen kann. Nur eine freie sozialistische Gesellschaft wird sie produktiv machen können.«

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Kurze Geschichte des Urheberrechts

20. Februar 2012

Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) treibt die ›digital natives‹ auf die Straße – und das aus Sicht vieler Netzbewohner vollkommen zu Recht, denn es folgt den Prinzipien des klassischen Urheberrechts und verträgt sich schon deshalb kaum mit den seit den 1990er Jahren im Online-Nexus dominanten Nutzungspraxen (bzw. teilweise auch nicht mit der Grundidee des World Wide Web). Und vermutlich lehnt sich keiner der derzeit zahlreichen Kommentatoren zu weit aus dem Fenster, die wortreich unterstreichen, dass die gegenwärtigen rechtlichen Rahmensetzungen die (im Vergleich zur Offline-Welt) erheblich effizienteren Kommunikations- und Austauschmöglichkeiten im Netz nicht angemessen reflektieren.

In der Sache hilft es gleichwohl wenig, im Zusammenhang mit ACTA von einer »Politik des Abgrunds« zu sprechen, ohne Alternativen zu präsentieren, oder eine Kulturflatrate zu fordern, ohne die damit verbundenen (Detail-)Fragen zu klären. Und mitunter kann es auch Sinn machen, einen Blick auf die Vergangenheit zu werfen, bevor über die Zukunft verhandelt wird. Vor diesem Hintergrund nachfolgend ein kurzer Überblick zur Geschichte des Urheberrechts in 7 handlichen Punkten (vgl.: Gieseke 1995; Höffner 2010):
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EPIC 2015: Vision und Realität

19. Juli 2011

»Das Internet macht vielleicht doch nicht dumm« überschreibt Die Zeit einen Artikel zu den Ergebnissen einer aktuellen Studie der Columbia UniversityGoogle Effects on Memory«): In der Untersuchung stellte sich heraus, dass sich die Probanden »besser an den Ort erinnern konnten, an dem die Information zu finden ist, als an die Information selbst«. Daraus leiten die Autoren (Sparrow/Wegener) die Vermutung ab, dass das Web als externes Gedächtnis dienen kann.

Ob das Web als Erweiterung des Gehirns wirkt, hängt allerdings wesentlich auch davon ab, über welche Bewertungs- und Selektionskompetenzen der jeweilige Onliner verfügt bzw. aus welchen Gründen heraus er ins Netz geht. Oder um es in den Worten eines netzbekannten fiktiven Rückblick-Kurzfilms zu sagen:

»Bestenfalls ist [das Netz] für seine klügsten Nutzer einer Zusammenfassung der Welt, tiefer umfassender und nuancierter als alles vorher Erhältliche, aber Schlimmstenfalls ist [es] für allzu viele Menschen lediglich eine Ansammlung von Belanglosigkeiten […].«

Dieser Ausschnitt stammt aus der imaginären filmischen Rückschau EPIC 2015, der als Projekt eines ebenfalls erfundenen Museum of Media History die Geschichte des Internet von 1989 bis 2015 nachzeichnet und im Jahr 2004 veröffentlicht wurde. Er beschreibt, wie sich das Netz unter der Vorherrschaft einer damals angenommenen Allianz von Google und Amazon zu einem automatisierten Evolving Personalized Information System entwickelt, das »für jeden ein Content-Paket zusammen[stellt], das seine Vorlieben, seine Konsumgewohnheiten, seine Interessen, seine demografischen Faktoren und seine sozialen Bindungen nutzt« – ein individuelles externes Gedächtnis also, das alle gewünschten Informationen auf dem silbernen Tablet(t) serviert:

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Heute ist die Zukunft von gestern — Teil V

12. Juli 2011

Schon aufgrund der Vielzahl an ineinander wirkenden Variablen bleiben die langfristigen soziokulturellen Folgen neuer kommunikationstechnischer Entwicklungen kaum abschätzbar, auch wenn sich hin und wieder aus der Vielzahl an Zukunftserwartungen eindrucksvolle Zufallstreffer herausfiltern lassen (vgl. auch »Heute ist die Zukunft von Gestern« Teil I, II, III und VI).

Ein besonders eindrückliches Beispiel sind einige Vorhersagen aus dem Buch »The Information Machines: Their Impact on Men and the Media« (1971) des Journalisten Ben Haig Bagdikian, der im selben Jahr im Kontext der Veröffentlichung geheimer Pentagon-Papiere zum Vietnam-Krieg einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde und später die Bestseller Media Monopoly und New Media Monopoly veröffentlichte. Das Buch selbst ist heute kaum mehr zu bekommen, aber aus einem Spiegel-Artikel (1972) lassen sich seine Kernthesen extrahieren. So prognostizierte Bagdikian z.B.:

»Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts wird eine neue Technologie mehr tägliche Informationen unter mehr Menschen streuen können als je zuvor in der Weltgeschichte.«

Quelle: Spiegel 1972

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Splitter: »BTX — Jeder kann teilnehmen!«

2. Juni 2011

Der 1983 durch die Deutsche Post eingeführte Bildschirmtext (BTX) hatte es ja bekanntlich nicht gerade leicht, das breite Publikum zu erreichen (vgl. den Artikel »Zurück in die Vergangenheit: Btx vs. WWW«). Vermutlich haben sich die Verantwortlichen im Jahre 1986 auch deshalb entschlossen, auf einen Werbespot der etwas anderen Art zu setzen. Auf jeden Fall können wir froh sein, dass unsere Gesellschaft in den letzten 25 Jahren nicht nur in Sachen Online- und Computertechnik eine iterative Weiterentwicklung durchlaufen hat (2 Minuten Retrogenuss, die sich lohnen – inklusive Ur-Social-Media):