Kurz notiert: Ö1 Radiokolleg – »Politikaktionen per Touchscreen. Ist das schon Aktivismus?«

9. Dezember 2021

Im Rahmen des Ö1 Radiokollegs durfte ich einige Einschätzungen zu dem Themenblock »Politikaktionen per Touchscreen. Ist das schon Aktivismus?« (Sendungsüberblick, ab 7:50) beisteuern, der von Luna Ragheb und Hannah Horsten kuratiert worden ist. Darin geht es um Möglichkeiten und Grenzen des Online-Aktivismus anhand von Beispielen, die so vor 30 Jahren noch nicht möglich gewesen wären (u.a. TikTok gegen Donald Trump, #FreeBritney, Meme-Aktien).


Betreff: Cybersicherheitsstrategie 2021

19. Juni 2021

Update: Inzwischen ist ein offener Brief an die Bundesregierung publiziert worden, den u.a. der Chaos Computer Club, Digitalcourage e.V., Digitale Gesellschaft e.V., eco Verband der Internetwirtschaft, Reporter ohne Grenzen sowie Wikimedia Deutschland unterzeichnet haben (Bericht in der Süddeutschen Zeitung).

Die Gesellschaft für Informatik (GI) hat in dieser Woche eine Stellungnahme zum Entwurf für die »Cybersicherheitsstrategie 2021« (Stand: 10.06.2021) des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat veröffentlicht. Diese soll noch vor der Bundestagswahl verabschiedet werden. In ihrer Stellungnahme kritisiert die GI neben der überaus kurz bemessenen Frist zur Kommentierung vor allen Dingen Kapitel 8.3.9 des Strategiepapiers, das mit dem Titel »Sicherheit durch Verschlüsselung und Sicherheit trotz Verschlüsselung gewährleisten« überschrieben ist:

»Mit Verweis auf die aktuelle Forschung im Bereich IT-Sicherheit lehnen wir die Formulierung ›Sicherheit trotz Verschlüsselung‹ als irreführend ab. Wie im selben Dokument unter 8.1.9 bemerkt, stellt Verschlüsselung die ›Voraussetzung eines souveränen und selbstbestimmten Handelns‹ dar und sollte daher auch nicht zu Gunsten anderer rechtmäßiger Ziele untergraben werden.

Eine absichtliche oder gar gesetzlich vorgeschriebene Schwächung von Sicherheitstechnologien zugunsten einer staatlichen Eingriffsmöglichkeit ist erstens nicht kontrollierbar, d.h. es darf davon ausgegangen werden, dass derartige ›Hintertüren‹ auch zu nicht legitimen Zwecken (Industriespionage, Ausspähen von Berufsgeheimnisträgern) von Privatpersonen und ggf. sogar Regierungen ausgenutzt werden können.

Zweitens führt insbesondere die Schwächung von kryptographischen Verfahren, die Grundlage der Verschlüsselung sind, zu einem Verlust an Integrität, Zurechenbarkeit und Unabstreitbarkeit, was zu einem gravierenden Verlust an Vertrauen in die digitale Kommunikation generell führen wird und nicht vereinbar ist mit dem Ziel, bis 2022 staatliche Verwaltungsleistungen im Kontext des Onlinezugangsgesetzes (OZG) den Bürgerinnen und Bürgern sicher und zuverlässig anzubieten.

Drittens ist es ungeachtet einer etwaigen staatlich angeordneten Schwächung von Verschlüsselung technisch heute unkompliziert und sehr unauffällig möglich, zusätzlich starke Verschlüsselung einzusetzen oder gar auf sogenannte steganographische Verfahren auszuweichen, welche nicht nur den Inhalt einer geheimen Nachricht, sondern sogar deren Existenz verschleiern […]. Eine staatliche Regulierung von Verschlüsselung würde Anreize zur Weiterentwicklung solcher Schutztechniken bis hin zu deren Integration in Messenger-Apps und vergleichbare Kommunikationsmittel setzen


Kurz notiert: Irritationsgestaltung in der Plattformöffentlichkeit

3. April 2021

Der Band »Digitaler Strukturwandel der Öffentlichkeit« (hg. von Mark Eisenegger, Marlis Prinzing, Patrik Ettinger und Roger Blum) zum 15. Mediensymposium ist erschienen. Darin findet sich auch mein Beitrag »Irritationsgestaltung in der Plattformöffentlichkeit«. Abstract:

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, welche veränderten Irritationspotenziale für zivilgesellschaftliche Initiativen mit der digitalen Transformation der Gesellschaft verbunden sind. Der erste Abschnitt diskutiert die sich wandelnden soziotechnischen Infrastrukturen der öffentlichen Kommunikation. Der zweite Abschnitt beleuchtet anhand empirischer Fallskizzen, welche Problemstellungen der zivilgesellschaftlichen Irritationsgestaltung sich in diesem veränderten Umfeld unkomplizierter überwinden lassen und welche Probleme neu entstehen. Daran anknüpfend expliziert der Beitrag die These, dass trotz des medientechnischen Infrastrukturwandels basale Selektionsschwellen in der gesellschaftlichen Gegenwartsbeschreibung erhalten bleiben, deren Überwindung ein hohes Maß an kommunikativer Persistenz verlangt.


Corona-Krise und Soziologie (7)

27. April 2020

Jutta Allmendinger legt der Politik nahe, ihre Entscheidungen nicht nur auf virologische Expertise zu gründen, sondern auch sozialwissenschaftliche Bewertungen einzubeziehen (23.4.2020, hr_info). Jenseits bereits unmittelbar beobachtbarer Rückwirkungen (z.B. auf den Arbeitsmarkt; vgl. eine Studie der Hans Böckler Stiftung) steht die Soziologie dabei allerdings vor dem Problem, dass sich die gesellschaftlichen Folgen und Konsequenzen der Krise heute noch gar nicht absehen lassen, da diese erst das Resultat vielschichtiger interagierender politischer, sozialer bzw. ökonomischer Entwicklungsprozesse auf regionaler und globaler Ebene im Verbund mit weiteren nicht vorhersagbaren Dynamiken sein werden.

Dass die Zukunft grundsätzlich ungewiss bleibt und gegenwärtige Entscheidungen stets unter den Bedingungen dieser Ungewissheit getroffen werden (müssen), ist dabei ein gesellschaftswissenschaftlicher Gemeinplatz. Die gefühlte Intransparenz und Unplanbarkeit des Künftigen erreicht in der individuellen Lebensführung wie auch in der sozialwissenschaftlichen Beobachtung derzeit nichtsdestominder ein neues Plateau – und so bleiben soziologischen Kommentatorinnen und Kommentatoren letztlich einzig die Modi des Hoffens und der Befürchtens bzw. Aussagen des Vielleichts und des Ungefähren. Das zeigt sich auch in den hier dokumentierten Stimmen der Woche:

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Corona-Krise und Soziologie (2)

20. März 2020

Mit jedem weiteren Tag zeichnet sich immer deutlicher ab: Die Corana-Krise wird das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische bzw. öffentliche und private Leben nicht nur für einige Wochen, sondern für viele Monate und Jahre prägen – und es gehört nicht viel dazu, um vorherzusagen: Das ist ein Einschnitt, an den wir unser ganzes weiteres Leben immer wieder zurückdenken werden. Ich möchte an dieser Stelle wie schon im letzten Post einfach, unkommentiert und naturgemäß selektiv einige Stimmen dazu aus der Soziologie dokumentieren, die in dieser Zeit auch eine seismographische Funktion erfüllt (bzw. einnehmen sollte):

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