Fähren und Twitter: Infrastrukturen des Kollektiven (Literaturhinweis)

20. Februar 2013

Sascha Lobo hat sich jüngst – für alle, die es auch wirklich noch nicht wussten – als Mitschöpfer der zunehmend populären Netzvokabel »Shitstorm« geoutet (und dafür z.T. recht hämische Kommentare eingeheimst). Ob Lobo’s Kolumne in irgendeiner Form weiterführend ist, sei dahingestellt – auf jeden Fall aber verweisen i.A. recht unscharf gehaltene Begriffe wie ›Shitstorm‹ oder auch ›Schwärme‹, ›Crowds‹ und ›Multitudes‹ auf Kollektiv-Phänomene im Netz, die sich nicht mehr umstandslos in eingespielte sozialwissenschaftliche Kategorien einordnen lassen.

Nichtsdestoweniger kann eine historische Rückbetrachtung auch mit Blick auf scheinbar brandneue Phänomene durchaus erhellend sein, wie Urs Stäheli in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Medien- und Kulturforschung vorführt: In seinem sehr lesenswerten Artikel interessiert sich der Autor dafür, wie Kollektivität zustande kommt bzw. welche Rolle dabei materielle und mediale Infrastrukturen spielen – und schlägt dabei eine Brücke zwischen Fähren und Twitter.

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Niklas Luhmann über Protest — Teil 2

11. Februar 2013

Niklas Luhmann hat sich theoriearchitektonisch zu vielerlei Gelegenheiten an ›sozialen Bewegungen‹ gerieben (siehe auch: Niklas Luhmann über Protest — Teil 1). In einem Interview mit Kai-Uwe Hellmann im Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen 2/1994 (S. 54ff., kostenfreies PDF) gab er dazu u.a. folgende Gedankengänge zu Protokoll (letzterer Abschnitt ist v.a. mit Blick auf die Piratenpartei interessant):

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Lektürehinweis: »Internet-Tsunamis«

2. Februar 2013

Seit letzter Woche steht die Studie »Internet-Tsunamis – Politische Massen im digitalen Zeitalter« zur freien Verwendung im Netz. Sie ist das Ergebnis eines interdisziplinären Forschungsprojekts der xailabs GmbH und der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und will beleuchten, wie sogenannte »Internet-Tsunamis« entstehen (vgl. S. 18):

»Ein Internet-Tsunami ist die themenbezogene Artikulation bestimmter politischer Meinungen bzw. Positionen von einer großen Anzahl an Menschen in einem sehr kurzen Zeitraum. Meinungsimpulswellen werden dabei durch einzelne Personen, Gruppen oder Mikronetzwerke erzeugt, stoßen im Internet auf verstärkende bzw. multiplizierende Resonanz und erzeugen Informationskaskaden. Diese werden durch die Leitmedien weiter verstärkt und münden in der Bildung politischer Massen in der Offline-Sphäre.«

Internet Tsunami

Die Studie bietet interessante Fallstudien (u.a. GuttenPlag, ACTA, Occupy) sowie Auswertungen aus Interviews mit 50 Personen aus den Bereichen Medien, Wissenschaft, Wirtschaft bzw. Politik (darunter auch drei Aktivisten) und ist in ihren (leider z.T. recht unscharfen) sozialwissenschaftlichen Betrachtungen mitunter auch anschlussfähig an meine Thesen zum Verhältnis von Social Media und Massenmedien (dazu aktuell: »Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien«).

Allerdings bringt das buzzword »Internet-Tsunami« so einige analytische Tücken mit sich, wie sie Till Westermeyer in seinem Blog auflistet:
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Studien zu Pirate Bay

21. Januar 2013

Die BitTorrent-Filesharing-Website The Pirate Bay (* 2004) ist seit Jahren einer der größten und konstantesten Umschlagpunkte für Raubkopien (Musik, Filme, Spiele, Software, E-Books) — und 2013 wird nun auch ein durch Crowdfunding finanzierter Doku-Film auf die Leinwände bzw. Schirme kommen, der sich mit der Geschichte der Plattform beschäftigt (siehe Trailer am Ende des Posts). Nachfolgend ein bündiger Überblick zu einigen online verfügbaren Studien zu The Pirate Bay:

Pirate-Bay-Logo

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Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien

21. November 2012

Anknüpfend an die Tagung »Das Internet und der Wandel von Mediensektoren« im November 2011 in Stuttgart und einen anschließenden Autorenworkshop im Frühjahr 2012 ist in diesen Tagen folgender Sammelband erschienen:

Dolata, Ulrich/Schrape, Jan-Felix (Hg.) (2013): Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien. Radikaler Wandel als schrittweise Rekonfiguration. Berlin: Edition Sigma (380 Seiten).

Inhaltsverzeichnis | FlyerAmazon | Libreka (+E-Book) | Google Books

Worum geht es?

Die Online- und Mobiltechnologien setzen klassische Mediensektoren wie die Musikindustrie, den Buchhandel oder die Presse zum Teil massiv unter Druck. Sie stellen eingespielte Produktions- und Vertriebsweisen infrage, verlangen nach veränderten Regeln und Geschäftsmodellen, fördern das Auftreten neuer Akteure und tragen zum allgemeinen Strukturwandel der Öffentlichkeit bei.

Dementsprechend erscheint es nicht verwunderlich, dass die neuen Technologien seit den 1990er Jahren immer wieder als Projektionsfläche für weitreichende Erwartungen dienten. Allgegenwärtige Begriffe wie ›Web 2.0‹, ›New Economy‹, ›Medienrevolution‹ oder ›neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit‹ haben Vorstellungen von einem ebenso einschneidenden wie schnellen Wandel Vorschub geleistet, die als Visionen zumeist aber in bemerkenswerter Weise empirisch unabgesichert geblieben sind.

In diesem Buch wird demgegenüber etwas unaufgeregter und empirisch geerdet danach gefragt, in welchem Maße und auf welche Weise sich Mediensektoren, Medienökonomie und Medienöffentlichkeit durch das Internet und Mobile Devices tatsächlich verändern: Wie tiefgreifend ist dieser Wandel und welche Verlaufsformen nimmt er an? Wie reagieren etablierte Akteure auf neue Herausforderungen und welche Rolle spielen neue Akteure in diesen Transformationsprozessen? Stehen ›alte‹ und ›neue‹ Öffentlichkeitsstrukturen in einem konkurrierenden oder in einem komplementären Verhältnis zueinander?
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