16. November 2013
Urs Stäheli hat im aktuellen Merkur einen Artikel mit dem Titel »Die Angst vor der Gemeinschaft – Figuren des Schüchternen« veröffentlicht, der sich mit der Problematisierung der Schüchternheit in der Netzwerkgesellschaft auseinandersetzt:
»Schüchternheit gilt nun nicht mehr nur als das Versagen oder Leiden eines Einzelnen, sondern sie wird zum Problem einer […] urbanisierten Gesellschaft; einer Gesellschaft, in der traditionelle Gemeinschaften erschüttert werden, gleichzeitig aber auch neue Formen des Gemeinschaftlichen entstehen. […] Die Figur des Schüchternen steht nun für jenen, der sich […] dem Imperativ zur Vernetzung zu entziehen sucht. Der Schüchterne weist durch sein Verhalten die Anforderung, ständig und mit jedem kommunizieren zu können, zurück.«
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5. November 2013
Das SOI Discussion Paper 2013-02 mit dem Titel »Zwischen Individuum und Organisation. Neue kollektive Akteure und Handlungskonstellationen im Internet« ist erschienen. Es bietet einen kompakten Überblick über wesentliche Sozialfiguren und soziale Formationen im Online-Bereich sowie eine Einordnung dieser Phänomene in sozialwissenschaftliche Akteur- und Handlungskonzepte. Daran anknüpfend wird das Neue kollektiver Formationen im Web aus soziologischer Sicht herausgearbeitet.

Prosumer, Swarms, Crowds, E-Movements, E-Communities – an schnellen Benennungen und Beschreibungen neuer Akteure und sozialer Formationen im Netz mangelt es nicht, an soziologisch informierten Kategorisierungen und Einordnungen dagegen schon. […] Wie lassen sie sich akteur- und handlungstheoretisch fassen, einordnen und voneinander abgrenzen? Welche spezifischen Strukturen, Organisations- und Koordinationsmuster bilden sich […] jeweils heraus? […] Welchen Einfluss haben die technologischen Infrastrukturen, in denen sie sich bewegen, auf ihre Entstehung, Strukturierung und Aktivität?
Der Text gibt zunächst einen orientierenden und typisierenden Überblick über wesentliche Sozialfiguren und soziale Formationen im Online-Kontext. Im Anschluss werden vorhandene soziologische Akteur- und Handlungskonzepte gesichtet, auf kollektive Formationen im Netz bezogen und das Neue herausgearbeitet, das diese auszeichnet: Es besteht in einer so zuvor nicht gekannten Verschränkung ihrer sozialen Konstitutions-, Koordinations- und Institutionalisierungsdynamiken mit den technischen Infrastrukturen, in die sie eingebettet sind […].
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16. Oktober 2013
Wer steckt hinter Anonymous? Welche Koordinations- und Organisationsstrukturen herrschen vor? Welche Chancen und Risiken gehen mit diesem Protestkollektiv und seinen Aktionen einher? Einige Antworten bietet ein jüngst erschienenes Papier von Gabriella Coleman mit dem Titel »Anonymous in Context. The Politics and Power behind the Mask«, das die Formierung und Entwicklung von Anonymous seit 2005 nachzeichnet und die damit verknüpften soziopolitischen Rückwirkungen diskutiert. Coleman kommt dabei zu folgendem Schluss:
»Due to its lack of transparency, labyrinthine sociology and bountiful secrecy, Anonymous may not be the best model for democracy; in a few instances, operations creep uncomfortably close to vigilantism. It has, however, also revealed current impasses and limits to democracy, the sort of critique offered by Anonymous is an essential feature of the democratic process. […] By unpredictably fusing conventional activism with transgression and tricksterism, Anonymous has captured the attention of a diverse cornucopia of admirers and skeptics. Many are watching, recognizing the power of the mask as a potential force to unmask corruption, hypocrisy, and state and corporate secrecy.«
15. September 2013
In der Soziologischen Revue 36(3) findet sich ein Essay von Ralf M. Damitz zum Verhältnis von Soziologie und Öffentlichkeit, das u.a mit Rekurs auf Michael Burawoy (»public sociology«), Fran Osreckis Buch »Die Diagnosegesellschaft« (2011), Annette Treibels und Stefan Selkes Artikel »Soziologie für die Öffentlichkeit« sowie meinen Beitrag zur »›Markenidentität‹ der Soziologie« die Frage diskutiert, was künftig »Zuschnitt und Intention soziologischer Erzählungen« sein kann und sollte:
»Hat unser Fach soziologische Erzählungen zu bieten, die es einer interessierten Öffentlichkeit erlauben, die Gesellschaft, in der wir leben, ein Stück weit les-, versteh- und vielleicht sogar handhabbarer zu machen?«
»Welches sind brennende Fragen, zu denen öffentliche Soziologie heute ihren Beitrag leisten kann? […] Haben ausgerechnet SoziologInnen wenig Ahnung von den Problemen ihrer Gesellschaft?«
»C. Wright Mills […] empfahl, die Formen individuellen Unbehagens, die typischerweise in Epochen sozialen Wandels entstehen, zum Ausgangspunkt der soziologischen Bemühung zu machen. Warum sollten Soziologen den Bedarf an öffentlicher Deutung und Erklärung solcher Phänomene Journalisten und allerlei fachfremden Intellektuellen überlassen?«
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13. September 2013
Hans Magnus Enzensberger hat gestern (ausgerechnet) bei Beckmann (Video) seine in vielen Belangen kritische Position gegenüber den Online-Technologien erneuert. Und natürlich lässt sich Enzensberger auf der einen Seite – wie auch schon Habermas – unterstellen, dass er das Internet nicht (mehr) in all seinen Aspekten durchdringen kann, da er nach eigener Aussage vorwiegend »analog« lebt.
Auf der anderen Seite aber ermöglicht vielleicht gerade diese Abstinenz auch einen anderen Blick auf die »digitale Revolution« und damit die Benennung von Problemstellungen, gegenüber denen die Alltagsnutzer des (Social) Webs im Sinne Marshall McLuhans möglicherweise mehr oder minder blind geworden sind.
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31. August 2013
Im Fernsehen, im Radio, im Internet, auf dem Flughafen, in der Innenstadt, entlang der Autobahnen – Werbung ist allgegenwärtig. Und vermutlich weitaus häufiger als es aufgeklärten Europäern lieb sein kann, folgen wir ebendieser in unseren Kauf- und Konsumentscheidungen, denn – wie sich kürzlich in einer Rezension zu der App kaufDA lesen ließ – »an irgendetwas müssen wir uns ja orientieren«.
Auch Niklas Luhmann hat sich im Zuge seiner Reflexionen über die Massenmedien Mitte der 1990er Jahre mit der Werbung beschäftigt und sprach ihr dabei unter anderem die latente Funktion zu, »Leute ohne Geschmack mit Geschmack zu versorgen«. Im Folgenden finden sich einige seiner Thesen zu Werbung, die in vielen Belangen wohl auch heute noch eine hohe Anschlussfähigkeit aufweisen:
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9. Juli 2013
Zu dem Sammelband »Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien« ist eine weitere Rezension (Springerlink) in der Fachzeitschrift Publizistik erschienen:
»Dass die digitalen Medien alle Bereiche unserer Gesellschaft grundlegend verändern, ist längst ein Allgemeinplatz. Wie genau aber dieser Wandel abläuft, ist schon schwieriger zu beantworten […]. Der vorliegende Band versteht sich als Beitrag zu dieser andauernden Debatte, wobei seine zentrale These bereits im Untertitel auftaucht. Wir erleben keinen radikalen Wandel, sondern eine schrittweise Rekonfiguration bestehender Strukturen, die keiner einheitlichen Logik, Richtung und Dynamik folgt.
[…] Der Band versammelt eine durchaus beachtliche Bandbreite von Texten, die diese Annahme an ganz unterschiedlichen Gegenständen diskutieren […]. Eher unüblich für einen Tagungsband: Einige Monate nach der Tagung fand ein zusätzlicher Workshop statt, in dem die Autorinnen und Autoren ihre ausformulierten Texte untereinander diskutierten. Dem Band kam dieses Vorgehen zugute […]. Letztlich aber – und das ist nicht als Vorwurf gemeint – wird auch für diese Aufsatzsammlung gelten, dass interessierte Leser wohl kaum den ganzen Band, sondern nur einzelne Beiträge zu ihren eigenen Forschungsinteressen lesen und verwenden werden. Denn der Wert des Bandes liegt gerade darin, zahlreiche fundierte, teils auf eigener empirischer Forschung basierende Beiträge zu versammeln, die uns dabei helfen, die Auswirkungen digital vernetzter Medien auf unsere Gesellschaft besser zu verstehen und zu erklären.«
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