1. März 2013
Das Leistungsschutzrecht hat (auch wenn es den Bundesrat in der gegenwärtigen Form wohl kaum passieren wird) seinen langjährigen Vaporware-Status verlassen – der Bundestag stimmte heute morgen dem entsprechenden Gesetzesentwurf mit 293 zu 243 Stimmen trotz zahlreicher Gegenargumente zu (vgl. z.B. die Stellungnahme des Max-Planck-Instituts für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht). Ein (jüngst erneut modifizierter) Passus der bereits 2009 angekündigten Regelung (PDF, 27.02.2013) macht viele Blogger ob seiner offensichtlichen Unschärfe indes leicht nervös:
»Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte.« (§ 87f 1 1)
Robert Basic leitet aus der Kommentierung des Entwurfs jedoch m.E. zurecht ab, dass die Hauptadressaten Suchmaschinen, News-Aggregatoren sowie News-Apps sind und Blogger von dieser Regelung gar nicht betroffen sein sollten.
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20. Februar 2013
Sascha Lobo hat sich jüngst – für alle, die es auch wirklich noch nicht wussten – als Mitschöpfer der zunehmend populären Netzvokabel »Shitstorm« geoutet (und dafür z.T. recht hämische Kommentare eingeheimst). Ob Lobo’s Kolumne in irgendeiner Form weiterführend ist, sei dahingestellt – auf jeden Fall aber verweisen i.A. recht unscharf gehaltene Begriffe wie ›Shitstorm‹ oder auch ›Schwärme‹, ›Crowds‹ und ›Multitudes‹ auf Kollektiv-Phänomene im Netz, die sich nicht mehr umstandslos in eingespielte sozialwissenschaftliche Kategorien einordnen lassen.
Nichtsdestoweniger kann eine historische Rückbetrachtung auch mit Blick auf scheinbar brandneue Phänomene durchaus erhellend sein, wie Urs Stäheli in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Medien- und Kulturforschung vorführt: In seinem sehr lesenswerten Artikel interessiert sich der Autor dafür, wie Kollektivität zustande kommt bzw. welche Rolle dabei materielle und mediale Infrastrukturen spielen – und schlägt dabei eine Brücke zwischen Fähren und Twitter.
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2. Februar 2013
Seit letzter Woche steht die Studie »Internet-Tsunamis – Politische Massen im digitalen Zeitalter« zur freien Verwendung im Netz. Sie ist das Ergebnis eines interdisziplinären Forschungsprojekts der xailabs GmbH und der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und will beleuchten, wie sogenannte »Internet-Tsunamis« entstehen (vgl. S. 18):
»Ein Internet-Tsunami ist die themenbezogene Artikulation bestimmter politischer Meinungen bzw. Positionen von einer großen Anzahl an Menschen in einem sehr kurzen Zeitraum. Meinungsimpulswellen werden dabei durch einzelne Personen, Gruppen oder Mikronetzwerke erzeugt, stoßen im Internet auf verstärkende bzw. multiplizierende Resonanz und erzeugen Informationskaskaden. Diese werden durch die Leitmedien weiter verstärkt und münden in der Bildung politischer Massen in der Offline-Sphäre.«
Die Studie bietet interessante Fallstudien (u.a. GuttenPlag, ACTA, Occupy) sowie Auswertungen aus Interviews mit 50 Personen aus den Bereichen Medien, Wissenschaft, Wirtschaft bzw. Politik (darunter auch drei Aktivisten) und ist in ihren (leider z.T. recht unscharfen) sozialwissenschaftlichen Betrachtungen mitunter auch anschlussfähig an meine Thesen zum Verhältnis von Social Media und Massenmedien (dazu aktuell: »Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien«).
Allerdings bringt das buzzword »Internet-Tsunami« so einige analytische Tücken mit sich, wie sie Till Westermeyer in seinem Blog auflistet:
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30. Januar 2013
Wirtschaftswissenschaftler und Informatiker der TU-Darmstadt untersuchen seit Januar 2012 die Social-Media-Empfehlungen auf Facekook, Twitter und Google+ pro Artikel für die 15 führenden publizistischen Media-Websites in Deutschland:
»Overall we collected information on over 592k articles in 2012. The articles on the TOP15 media in Germany generated 5 Mio Tweets, 21.3 Mio Likes and 407k PlusOnes in 2012. Overall we gathered over 26.7 Million recommendations. The main fraction was generated by Facebook (79.8%), followed by Twitter (18.7%) and Google+ (1.5%).«
Mehr als 50 Prozent aller Artikel auf den Top-15-Media-Websites erhalten dabei mindestens einen Facebook-Like oder zumindest einmal einen Verweis auf Twitter. Die Artikeln, die mindestens einmal weiterempfohlen wurden, erhielten im Schnitt 35,5 Likes auf Facebook, 8 Twitter-Verweise und 0,7 +1-Clicks auf Google+. Mit Blick auf das Ranking der deutschsprachigen Media-Websites mit den meist empfohlenen Artikeln im Social Web bestätigt die Darmstädter-Studie für 2012 die durch die Hyperland-Charts 2011 herausgestellte dominierende Position von spiegel.de bzw. bild.de:
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22. Januar 2013
Mit Blog-Charts ist das so eine Sache, deshalb sind auch die Ergebnisse der Virato-Blog-Charts 2012 (Mai-Dezember) mit Vorsicht zu genießen. Dennoch aber können sie als ein Gradmesser unter vielen herangezogen werden – zumal die Unterscheidung zwischen ›Total SM‹ (höchste Social-Media-Reichweite insgesamt) und ›Social Media Quotient‹ (höchste Social-Media-Reichweite pro Artikel) vielversprechend erscheint:
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21. Januar 2013
Die BitTorrent-Filesharing-Website The Pirate Bay (* 2004) ist seit Jahren einer der größten und konstantesten Umschlagpunkte für Raubkopien (Musik, Filme, Spiele, Software, E-Books) — und 2013 wird nun auch ein durch Crowdfunding finanzierter Doku-Film auf die Leinwände bzw. Schirme kommen, der sich mit der Geschichte der Plattform beschäftigt (siehe Trailer am Ende des Posts). Nachfolgend ein bündiger Überblick zu einigen online verfügbaren Studien zu The Pirate Bay:
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9. Januar 2013
In der Internet-Wochenzeitung Kontext (Samstags als Beilage der Westausgabe der taz) prognostizierte Thomas Rothschild vor einigen Tagen unter dem Titel »Das Ende der Zeitung« wieder mal den schleichenden Tod des professionellen Journalismus:
»Die unbequeme Wahrheit, die niemand hören will, lautet: Der Journalismus als ein bezahlter Beruf wird mit großer Wahrscheinlichkeit aussterben. […] Blogs beweisen ja, dass es Laien gibt, die nicht schlechter schreiben als professionelle Kritiker, zumal eine Entprofessionalisierung unter den bestallten Journalisten längst stattgefunden hat.
[…] Wie Heimwerker mithilfe der Baumärkte die professionellen Handwerker von einst, so werden Amateurschreiber Journalisten ersetzen, die ja schon bisher nur in Ausnahmefällen eine einschlägige Ausbildung hatten. […] Den Journalismus als Beruf hat es nicht immer schon gegeben, und auch andere Berufe sind verschwunden: die Weber, die Heizer, die Küfer, die Setzer, die Henker zum Beispiel. Den Schaffner in der Straßenbahn ersetzt ein Automat ebenso wie den Kaffeesieder im Kaffeehaus […].
[…] Warum sollten ausgerechnet Zeitungen und Journalisten überleben? Weil wir es uns wünschen? Das Wünschen hat schon lange nicht mehr geholfen. Vielleicht früher einmal, als es noch keine Zeitung gab.«
Damit recycelt der Autor eine These, die seit Aufkommen des Internet in aller Regelmäßigkeit vertreten wird (vgl. kritisch schon: Telepolis 2001), aber auch gemessen an den Kommentaren zum Artikel wohl doch langsam an Überzeugungskraft verliert und differenzierteren Sichtweisen weicht. Dazu ein kleiner Ausschnitt aus »Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien« (Berlin: 2013, S. 23ff.):
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