Ab heute im Dienst: Das »Google-Institut«

25. Oktober 2011

Heute wird in Berlin an der Humboldt-Universität das Institut für Internet und Gesellschaft eröffnet. Nicht nur die Berliner Morgenpost spricht derweil salopp vom »Google-Institut«, denn die Startfinanzierung über 4,5 Millionen € für die ersten drei Jahre übernimmt komplett das Unternehmen Google. Ziel des Instituts ist es, die vom Internet ausgehenden Veränderungen der Gesellschaft besser zu verstehen; im Vordergrund stehen zunächst die Aspekte ›Innovation‹ und ›Regulierung‹.

Ein solches Institut kann nun einerseits gerade die deutsche Forschungslandschaft sehr gut gebrauchen – oder wie es der Blogger und Deutschlandradio-Journalist Philip Banse (etwas negativer) formuliert:

»Das Internet revolutioniert unsere Welt wie lange nichts mehr und die deutschen Hochschulen schaffen es nicht, zumindest ihre überschaubaren Aktivitäten in diesem Bereich unter einem Dach zu bündeln? Jetzt kommt Google […] und sagt: Leute, hier muss was passieren, wir brauchen ein Institut, dass sich allein ums Internet kümmert – hier sind 4,5 Millionen Euro für drei Jahre. […] Die deutschen Netz-Forscher aber stehen blamiert da. Nicht nur, dass sie auf einen der größten Internet-Konzerne warten mussten, um ein Internet-Institut zu gründen. Sie lassen sich auch noch für lumpige 4,5 Millionen Euro Ihre Glaubwürdigkeit zerbeulen. […]

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Luhmann und die Beschreibung der Zukunft

28. September 2011

»Die Zukunft ist und bleibt unbekannt, denn mit jeder eintretenden Gegenwart schiebt sie sich hinaus, erneuert sich als Zukunft.«
Niklas Luhmann 1986
: 38

Ohne Zukunftserwartungen können Organisationen keine Entscheidungen treffen bzw. weder Bewusstseins- noch Kommunikationssysteme operieren. Vor diesem Hintergrund werden in aller Regelmäßigkeit Prognosen aufgestellt, die lang- oder mittelfristig vorhersagen wollen, was kommen wird (vgl. »Heute ist die Zukunft von gestern«). Oder aber es wird versucht, z.B. durch Regulierungsmaßnahmen oder andere Lenkungsformen mitzubestimmen, welche Zustände eintreten. Gleichwohl ist »die Zukunft [.] inhärent ungewiss […]. Wer hier mit apodiktischen Behauptungen kommt, disqualifiziert sich selbst. Das hat, wie man wissen kann, das politische Ansehen wissenschaftlicher Expertise ruiniert« (Gotthard Bechmann).

Mit der Frage »Wie können wir wissen, was künftig der Fall sein wird?« bzw. »In welchen Formen präsentiert sich die Zukunft in der Gegenwart?« beschäftigt sich auch Niklas Luhmann (1992: 129–147) aus historisch-soziologischer Perspektive in einem kurzen Text, in welchem er zunächst darauf aufmerksam macht, dass ›Zukunft‹ zwar keine Erfindung der Neuzeit ist, aber die mit ihrer Kontingenz verbundene Unsicherheit als ein relativ junges Phänomen beschrieben werden kann:

»Bis weit in die Neuzeit hinein hatte man das gesellschaftliche Leben in einem Essenzenkosmos wahrgenommen, der die Konstanz der Wesensformen und der Elemente und damit auch der Größenordnungen garantierte. […] Die Unsicherheiten der Zukunft hielten sich im Rahmen einer prinzipiellen Abgestimmtheit der Welt […]. An der harmonia mundi war nicht zu zweifeln.« (Luhmann (1991: 131)

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Nonkonformismus

19. September 2011

Sozialer Wandel wird (auch) durch Nonkonformisten vorangetrieben, das steht außer Frage: Martin Luther beispielsweise lässt sich nicht einfach als Membran für die strukturaufbrechende Wirkung des Buchdrucks oder als Variable in einem Phasenwechsel zwischen priesterdominiertem und säkularem Wissen beschreiben (vgl. Elias 2001), denn rückblickend lässt sich kaum absehen, ob ohne sein Auftreten vielleicht ein anderer Reformator vergleichbare Dynamiken angestossen hätte oder ähnliche persönliche Risiken eingegangen wäre.

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Wie aber unterscheiden sich heute Nonkonformisten von Konformisten? Was genau ist ihre Funktion in einer liberalen Gesellschaft? (Kann man sich schon als Nonkonformist bezeichnen, wenn man die Piratenpartei wählt?) Heinz Bude hat sich im aktuellen Merkur (9/10 2011) mit diesen sowie ähnlichen Fragen auseinandergesetzt und dabei ist ein sehr lesefreundlicher (kostenfrei abrufbarer) Artikel entstanden, dessen einleitender Absatz sich aus systemtheoretischer Sicht ähnlich fassen ließe:

»Offene Gesellschaften rechnen mit Nonkonformisten. […] Karl Mannheim hätte seinerzeit gesagt, es sind die Protagonisten der Unruhe, die die ›Konkurrenz auf dem Gebiete des Geistigen‹ beleben. […] Es geht um kognitive Irritationen wie um normative Rebellionen.«

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Splitter: Auf Daten-Exkursion gehen… (2)

15. September 2011

Nachdem Anfang des Jahres das Online-Auswertungstool der Typologie der Wünsche vorgestellt wurde, ergeht diesmal ein kurzer Hinweis auf die OECD iLibrary: Hier finden sich nicht nur über 6000 E-Books als PDF-Download (z.B. alle neueren OECD-Studien und Arbeitspapiere), sondern auch 36 Datenbanken mit über 4 Mrd. Einzelstatistiken zu den Entwicklungen in den OECD-Ländern seit 1960, die als Exel-Tabellen heruntergeladen werden können, so z.B. die aktuellen Statistiken zu den tatsächlich abgeleisteten Arbeitsstunden pro Jahr im OECD-Vergleich (vgl. Abb.).

Um auf die bereitgestellten Daten vollumfänglich zurückgreifen zu können, muss der geneigte Daten-Exkursionist allerdings Mitglied einer Hochschule bzw. einer lizensierten Institution sein oder sich in eine nahegelegene (universitäre) Bibliothek begeben (vgl. die Liste der Institutionen und Bibliotheken mit iLibrary-Zugang).

jahresarbeitszeit


Tobias Bevc zum demokratischen Potential des Web 2.0 (Literaturhinweis)

4. September 2011

Tobias Bevc hat einen lesenswerten Artikel zum optisch nicht mehr ganz taufrischen Online-Magazin Telepolis beigesteuert, der einige »Überlegungen zum demokratischen Potential des Web 2.0« anstellt und teilweise zu recht kruden Kommentaren (1, 2, 3) geführt hat (die hier nicht näher diskutiert werden sollen, aber im Kontext der angeschlagenen Thematik wiederum zu Denken geben).

Facebookratie?

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