Ab heute im Dienst: Das »Google-Institut«

25. Oktober 2011

Heute wird in Berlin an der Humboldt-Universität das Institut für Internet und Gesellschaft eröffnet. Nicht nur die Berliner Morgenpost spricht derweil salopp vom »Google-Institut«, denn die Startfinanzierung über 4,5 Millionen € für die ersten drei Jahre übernimmt komplett das Unternehmen Google. Ziel des Instituts ist es, die vom Internet ausgehenden Veränderungen der Gesellschaft besser zu verstehen; im Vordergrund stehen zunächst die Aspekte ›Innovation‹ und ›Regulierung‹.

Ein solches Institut kann nun einerseits gerade die deutsche Forschungslandschaft sehr gut gebrauchen – oder wie es der Blogger und Deutschlandradio-Journalist Philip Banse (etwas negativer) formuliert:

»Das Internet revolutioniert unsere Welt wie lange nichts mehr und die deutschen Hochschulen schaffen es nicht, zumindest ihre überschaubaren Aktivitäten in diesem Bereich unter einem Dach zu bündeln? Jetzt kommt Google […] und sagt: Leute, hier muss was passieren, wir brauchen ein Institut, dass sich allein ums Internet kümmert – hier sind 4,5 Millionen Euro für drei Jahre. […] Die deutschen Netz-Forscher aber stehen blamiert da. Nicht nur, dass sie auf einen der größten Internet-Konzerne warten mussten, um ein Internet-Institut zu gründen. Sie lassen sich auch noch für lumpige 4,5 Millionen Euro Ihre Glaubwürdigkeit zerbeulen. […]

Andererseits – und das klingt ja auch schon deutlich im vorangegangenen Zitat an – stellt sich die Frage: »Wieso finanziert Google das?« – und eine für einige Kommentatoren wenig befriedigende Antwort fand sich lange auf der Beta-Website des Instituts: »Das Institut untersucht die Veränderungen der Gesellschaft durch das Internet. Google ist ein Teil des Internets und ist insofern an den gewonnenen Erkenntnissen interessiert.« Kai Laufen vermutet in einem SWR 2-Kommentar, dass dieses Statement eine »digitale Nebelkerze« sei und der eigentliche Zweck des Instituts vielmehr darin bestehe, »Anregungen zur Lösung der unübersehbaren rechtlichen Probleme zu liefern, vor die das Internet die Gesellschaft stellt«.

google berlin

Jeanette Hofmann, Direktorin und Teil des Gründungsteams, formuliert das Ziel ihres Instituts im Interview mit dem Deutschlandfunk indes wie folgt:

»Wir werden auf das Internet aus verschiedener disziplinärer Perspektive gucken. […] Ziel ist es, sozusagen nicht nur aus unserer eigenen Perspektive zu gucken, sondern interdisziplinär zu forschen. Ich nenne Ihnen jetzt mal ein paar Themen, mit denen wir uns befassen werden. Eines betrifft den Datenschutz im Bereich des Internets der Dinge. […] Ein Zweites betrifft beispielsweise die Regeln in sozialen Netzwerken. Wer setzt diese Regeln und wie entwickeln die sich weiter? […] Und dann: Der Informatiker zum Beispiel interessiert sich für Crowdsourcing. […] Wir [.] wollen […] Grundlagenforschung betreiben in diesem Bereich.«

Auf die Rückfrage, inwieweit Google wohl Einfluss auf die Forschungsergebnisse des Instituts nehmen werde, kontert Hofmann mit den den bisherigen durchaus auch Google-kritischen Forschungsprojekten der vier Direktoren der Einrichtung: »Ich glaube, da müssen Sie sich keine Sorgen machen«. Vielleicht aber wird genau diese verbreitete Sorge unter Sozialwissenschaftlern dafür sorgen, dass ein (zunächst) rein privatwirtschaftlich finanziertes Institut zu Internet und Gesellschaft tatsächlich unabhängige Grundlagenforschung betreiben kann – wie es ja auch in anderen Forschungsbereichen schon lange geschieht (z.B. in den angewandten Wissenschaften). Auf jeden Fall können sich alle Beteiligten sicher sein: Das »Google-Institut« steht unter kritischer Beobachtung – und das ist auch gut so.

P.S.: Dass Google auch ohne die Finanzierung eines Instituts erheblichen Einfluss auf die wissenschaftliche Kommunikation nimmt, ist mittlerweile ohnehin kaum mehr zu bestreiten (mehr z.B. hier: 1,2,3).

Update: Ein tiefenschärferes Bild zu den Zielen und Forschungsfeldern des Instituts für Internet und Gesellschaft lässt sich bei Interesse anhand der Bewegtbildmaterialien zum Eröffnungssymposium (26.–28.10.11 in Berlin) machen. Alle Paper des Symposiums gibt es hier (natürlich auf der Basis von Google Sites).


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