Heute ist die Zukunft von gestern XII: »The End of Books« (Octave Uzanne 1894)

12. Januar 2013

Der Schriftsteller, Verleger und Büchersammler Louis-Octave Uzanne (1851–1931) veröffentlichte 1894 im Scribner’s Magazine das Protokoll einer »after-supper prophecy«, in der er (wohl als einer der ersten Kommentatoren) das nahe Ende des gedruckten Buches postulierte und fast schon nebenbei die Erfindung des Walkmans und das Aufkommen von Audio- und Bewegtbild-Nachrichten sowie Home-Movies vorhersagte (»The End of Books« von Octave Uzanne, mit Illustrationen von Albert Robida, Scribner’s Magazine 16 (1894), S. 221–231).

Andererseits gingen seine Ausführungen in vielerlei Hinsicht aber auch an den konkreten technischen Ausformungen und Nutzungsweisen vorbei – und Uzanne konnte sich augenscheinlich kaum vorstellen, dass gedruckte Bücher und Bild- bzw. Tonmedien gleichzeitig, nebeneinander und komplementär bestehen können (wie es im 20. Jahrhundert der Fall war):

»[…] the elevator has done away with the toilsome climbing of stairs; phonography will probably be the destruction of printing. Our eyes are made to see and reflect the beauties of nature, and not to wear themselves out in the reading of texts […].

There will be registering cylinders as light as celluloid penholders, capable of containing five or six hundred words and working upon very tenuous axles, and occupying not more than five square inches all the vibrations of the voice will be reproduced in them […]. As to the electricity, that will often be found in the individual himself. Each will work his pocket apparatus by a fluent current ingeniously set in action; the whole system may be kept in a simple opera-glass case, and suspended by a strap from the shoulder. […]

Walkman

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»Das Ende der Zeitung« (mal wieder)

9. Januar 2013

In der Internet-Wochenzeitung Kontext (Samstags als Beilage der Westausgabe der taz) prognostizierte Thomas Rothschild vor einigen Tagen unter dem Titel »Das Ende der Zeitung« wieder mal den schleichenden Tod des professionellen Journalismus:

»Die unbequeme Wahrheit, die niemand hören will, lautet: Der Journalismus als ein bezahlter Beruf wird mit großer Wahrscheinlichkeit aussterben. […] Blogs beweisen ja, dass es Laien gibt, die nicht schlechter schreiben als professionelle Kritiker, zumal eine Entprofessionalisierung unter den bestallten Journalisten längst stattgefunden hat.

[…] Wie Heimwerker mithilfe der Baumärkte die professionellen Handwerker von einst, so werden Amateurschreiber Journalisten ersetzen, die ja schon bisher nur in Ausnahmefällen eine einschlägige Ausbildung hatten. […] Den Journalismus als Beruf hat es nicht immer schon gegeben, und auch andere Berufe sind verschwunden: die Weber, die Heizer, die Küfer, die Setzer, die Henker zum Beispiel. Den Schaffner in der Straßenbahn ersetzt ein Automat ebenso wie den Kaffeesieder im Kaffeehaus […].

[…] Warum sollten ausgerechnet Zeitungen und Journalisten überleben? Weil wir es uns wünschen? Das Wünschen hat schon lange nicht mehr geholfen. Vielleicht früher einmal, als es noch keine Zeitung gab.«

Ende der Zeitung?

Damit recycelt der Autor eine These, die seit Aufkommen des Internet in aller Regelmäßigkeit vertreten wird (vgl. kritisch schon: Telepolis 2001), aber auch gemessen an den Kommentaren zum Artikel wohl doch langsam an Überzeugungskraft verliert und differenzierteren Sichtweisen weicht. Dazu ein kleiner Ausschnitt aus »Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien« (Berlin: 2013, S. 23ff.):

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Heute ist die Zukunft von gestern XI: »Mesomedien«

6. Januar 2013

Der Begriff Mesomedien, der Ende der 1990er Jahre u.a. durch Lars B. Karle geprägt wurde, konnte sich im deutschsprachigen Diskurs um die Onlinetechnologien nie breitenwirksam durchsetzen – und das ist eigentlich schade, denn er könnte durchaus auch heute noch zu einer klareren Sicht auf die Medienlandschaft beitragen. In einem neun Jahre alten Sammelband (»E-Merging Media«, Springer 2004) – also noch vor Aufkommen des Schlagwortes »Web 2.0« – wurden Mesomedien wie folgt gefasst:

»Meso-Medien, die sich an kleine Zielgruppen von einhundert bis einhunderttausend Teilnehmern wenden, […] werden durch das Internet erstmals auf eine ökonomisch tragfähige Basis gestellt. Die Verringerung der Anschaffungskosten für digitale [..] Bearbeitungsausrüstung erlaubt geneigten Amateuren zudem nahezu professionelle Arbeitsbedingungen.

[…] sie ermöglichen neue Formen der Überlagerung bestehender und sich entwickelnder Kommunikationskanäle […]. […] die Integration bestimmter Mesomedien-Elemente in bestehende Medienangebote [bietet] neue Möglichkeiten auch für traditionelle Medienanbieter.«

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Querverweis: Wissenschaftskommunikation, Utopien und Technikzukünfte

5. Januar 2013

Im Herbst 2012 veranstaltete das Karlsruher Institut für Technologie unter der Leitung von Andreas Böhn und Andreas Metzner-Szigeth einen interdisziplinären Workshop zum Thema »Wissenschaftskommunikation, Utopien und Technikzukünfte«:

Mit einer großen Bandbreite an Vorträgen aus so unterschiedlichen Bereichen wie Technikgeschichte, Literatur- und Medienwissenschaften, Maschinenbau und Robotik soll ein Forum geschaffen werden, um verschiedene Diskurse über Wissenschaft und Technik (von professioneller Wissenschafts-kommunikation über ›Technikermöglichungsdiskurse‹ bis hin zu fiktionalen Entwürfen) in aktueller und historischer Perspektive zu diskutieren.

Nun liegen die Videodokumente zu den meisten Vorträgen der facettenreichen Veranstaltung vor (Dauer jeweils rund 20 Min.):
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Digital Divide: Weltweite Online-Durchdringung

13. Dezember 2012

Für die 14- bis 50-Jährigen lässt sich in Deutschland mittlerweile fast eine Internet-Volldurchdringung diagnostizieren (vgl. z.B. ARD/ZDF-Onlinestudie 2012) und entsprechend wird der Onlinesphäre hierzulande zurecht ein stetig wachsender Einfluss in allen Lebensbereichen zugesprochen.

Mit Blick auf die Internet World Stats – einer Website, die Bevölkerungsstatistiken mit Zahlen zur Internet-Nutzung in den unterschiedlichen Ländern von Nielsen Online, der International Telecommunications Union, der GfK und anderen Quellen kombiniert – zeigt sich mithin rasch, dass sich die Omnipräsenz des Netzes auch noch 2012 allenfalls auf die Industrieländer beschränkt: Die Internet-Durchdringung der Weltbevölkerung liegt derzeit bei 34,3 Prozent (Stand: Mitte 2012), der Kontinent Afrika markiert mit 15,6 Prozent das Schlusslicht.

Internet Weltbevoelkerung

Die beispielhafte Gegenüberstellung der Werte in den einzelnen europäischen und afrikanischen Ländern zeigt überdies, dass die Online-Durchdringung ebenso in den einzelnen Weltregionen sehr stark variiert (größer durch Klick!):

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