15. September 2013
In der Soziologischen Revue 36(3) findet sich ein Essay von Ralf M. Damitz zum Verhältnis von Soziologie und Öffentlichkeit, das u.a mit Rekurs auf Michael Burawoy (»public sociology«), Fran Osreckis Buch »Die Diagnosegesellschaft« (2011), Annette Treibels und Stefan Selkes Artikel »Soziologie für die Öffentlichkeit« sowie meinen Beitrag zur »›Markenidentität‹ der Soziologie« die Frage diskutiert, was künftig »Zuschnitt und Intention soziologischer Erzählungen« sein kann und sollte:
»Hat unser Fach soziologische Erzählungen zu bieten, die es einer interessierten Öffentlichkeit erlauben, die Gesellschaft, in der wir leben, ein Stück weit les-, versteh- und vielleicht sogar handhabbarer zu machen?«
»Welches sind brennende Fragen, zu denen öffentliche Soziologie heute ihren Beitrag leisten kann? […] Haben ausgerechnet SoziologInnen wenig Ahnung von den Problemen ihrer Gesellschaft?«
»C. Wright Mills […] empfahl, die Formen individuellen Unbehagens, die typischerweise in Epochen sozialen Wandels entstehen, zum Ausgangspunkt der soziologischen Bemühung zu machen. Warum sollten Soziologen den Bedarf an öffentlicher Deutung und Erklärung solcher Phänomene Journalisten und allerlei fachfremden Intellektuellen überlassen?«
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25. August 2013
Bereits vor einigen Wochen ist der Reuters Institute Digital News Report 2013 erschienen, welcher auf Online-Umfragen in Frankreich, Deutschland, Dänemark, Spanien, Italien, Japan, Brasilien, USA und UK im Januar und Februar 2013 basiert (in der BRD lag das Sample bei 1000 Befragten). Einige dem Anspruch nach repräsentative Ergebnisse:
- Die »Internet Population« liegt in Deutschland mittlerweile bei 67 Mio. (UK: 52 Mio.; USA: 245 Mio.; F: 52 Mio.). Der Anteil der Online-Nutzer beträgt damit in allen vier genannten Ländern um die +/- 80 Prozent.
- Irgend an Nachrichten interessiert zeigten sich in Brasilien 87 Prozent, in Spanien 81 Prozent, in der BRD 80 Prozent, in Frankreich 75 Prozent und in den USA 71 Prozent der Befragten, wobei das Interesse mit steigendem Alter generell zunimmt. Vor allen Dingen die deutschen Befragten (53 Prozent) sind dabei an regionalen Nachrichten interessiert. 54 Prozent der Befragten sind in der BRD an der Politik des eigenen Landes sehr interessiert, während es in GB lediglich 33 Prozent sind.
- Die primäre Nachrichtenplattform bleibt bisher in der BRD und Frankreich das Fernsehen, während in den USA und Großbritannien Online-Kanäle fast gleichauf sind und in Spanien, Italien, Japan und Brasilien (knapp) darüber liegen. Print und Radio werden in keinem der beobachteten Länder von der Mehrheit der Befragten als primäre Nachrichtenkanäle eingestuft. Erwartungsgemäß variiert die Online-Affinität auch beim News-Abruf nach Alter.
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2. Mai 2013
Der iTunes Music Store feierte unlängst sein 10-jähriges Bestehen (vgl. Apple-Pressemeldung vom 28.4.2003; Screenshot von Version 1) und provozierte schon kurz nach seinem Start ein fulminantes Presseecho (hier: Zeit 21/2003):
»Das Ende der Industrie schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Bis vor zwei Wochen. Da stellte Steve Jobs […] seinen iTunes Music Store vor, ein legales Online-Angebot. Und gleich in der ersten Woche verkaufte er eine Million Musikstücke. Die Verkaufszahlen bekommen noch mehr Gewicht, bedenkt man, dass derzeit nur die etwa drei Millionen amerikanischen Apple-Besitzer, die mit dem neuesten Betriebssystem arbeiten, auf den Music Store zugreifen können. Vieles spricht dafür, dass Steve Jobs das Musik-Vertriebsmodell des 21. Jahrhunderts gefunden hat.«
Ebenso begeistert zeigte sich der Spiegel (21/2003) und schloss sich einer Prognose an, die sich bis heute in ihrer radikalen Form mithin nicht bewahrheiten sollte:
»Apples Music Store könnte mehr verändern als nur die Vertriebswege von Musik. Das Album selbst könnte verschwinden. ›Wer denkt denn heute noch an Alben?‹, fragt Jobs. Wiedergabelisten, vom Hörer zusammengestellt, seien wesentlich attraktiver. Künftig werden Musiker womöglich keine fein ziselierten Alben mehr veröffentlichen, weil ihre Käufer ihnen längst nicht alles und schon gar nicht in der dargebotenen Reihenfolge abkaufen.«
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1. März 2013
Das Leistungsschutzrecht hat (auch wenn es den Bundesrat in der gegenwärtigen Form wohl kaum passieren wird) seinen langjährigen Vaporware-Status verlassen – der Bundestag stimmte heute morgen dem entsprechenden Gesetzesentwurf mit 293 zu 243 Stimmen trotz zahlreicher Gegenargumente zu (vgl. z.B. die Stellungnahme des Max-Planck-Instituts für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht). Ein (jüngst erneut modifizierter) Passus der bereits 2009 angekündigten Regelung (PDF, 27.02.2013) macht viele Blogger ob seiner offensichtlichen Unschärfe indes leicht nervös:
»Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte.« (§ 87f 1 1)
Robert Basic leitet aus der Kommentierung des Entwurfs jedoch m.E. zurecht ab, dass die Hauptadressaten Suchmaschinen, News-Aggregatoren sowie News-Apps sind und Blogger von dieser Regelung gar nicht betroffen sein sollten.
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22. Januar 2013
Mit Blog-Charts ist das so eine Sache, deshalb sind auch die Ergebnisse der Virato-Blog-Charts 2012 (Mai-Dezember) mit Vorsicht zu genießen. Dennoch aber können sie als ein Gradmesser unter vielen herangezogen werden – zumal die Unterscheidung zwischen ›Total SM‹ (höchste Social-Media-Reichweite insgesamt) und ›Social Media Quotient‹ (höchste Social-Media-Reichweite pro Artikel) vielversprechend erscheint:
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9. Januar 2013
In der Internet-Wochenzeitung Kontext (Samstags als Beilage der Westausgabe der taz) prognostizierte Thomas Rothschild vor einigen Tagen unter dem Titel »Das Ende der Zeitung« wieder mal den schleichenden Tod des professionellen Journalismus:
»Die unbequeme Wahrheit, die niemand hören will, lautet: Der Journalismus als ein bezahlter Beruf wird mit großer Wahrscheinlichkeit aussterben. […] Blogs beweisen ja, dass es Laien gibt, die nicht schlechter schreiben als professionelle Kritiker, zumal eine Entprofessionalisierung unter den bestallten Journalisten längst stattgefunden hat.
[…] Wie Heimwerker mithilfe der Baumärkte die professionellen Handwerker von einst, so werden Amateurschreiber Journalisten ersetzen, die ja schon bisher nur in Ausnahmefällen eine einschlägige Ausbildung hatten. […] Den Journalismus als Beruf hat es nicht immer schon gegeben, und auch andere Berufe sind verschwunden: die Weber, die Heizer, die Küfer, die Setzer, die Henker zum Beispiel. Den Schaffner in der Straßenbahn ersetzt ein Automat ebenso wie den Kaffeesieder im Kaffeehaus […].
[…] Warum sollten ausgerechnet Zeitungen und Journalisten überleben? Weil wir es uns wünschen? Das Wünschen hat schon lange nicht mehr geholfen. Vielleicht früher einmal, als es noch keine Zeitung gab.«

Damit recycelt der Autor eine These, die seit Aufkommen des Internet in aller Regelmäßigkeit vertreten wird (vgl. kritisch schon: Telepolis 2001), aber auch gemessen an den Kommentaren zum Artikel wohl doch langsam an Überzeugungskraft verliert und differenzierteren Sichtweisen weicht. Dazu ein kleiner Ausschnitt aus »Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien« (Berlin: 2013, S. 23ff.):
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9. November 2012
Aus: Wiederkehrende Erwartungen (Amazon |Fachverlag Werner Hülsbusch).
Tim Berners-Lee fokussierte in »Information Management: A Proposal« mit Blick auf das CERN (Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire) zunächst auf ein typisches Problem größerer Forschungseinrichtungen und Unternehmen:
»The actual observed working structure of the organisation is a multiply connected ‚web‘ whose interconnections evolve with time. […] A problem, however, is the high turnover of people. When two years is a typical length of stay, information is constantly being lost. The introduction of the new people demands a fair amount of their time and that of others […].«
Das CERN verfügte zwar über ein Dokumentationssystem, aber dieses System war hierarchisch bzw. ›baumartig‹ organisiert und konnte daher die gegebenen vielfältigen Verweiszusammenhänge zwischen Menschen, Projekten, Dokumenten oder Konzepten nicht auf natürliche Weise abbilden, zumal die Nutzer hinreichend mit der Struktur des Systems vertraut sein mussten, um zeitnah an die gewünschten Informationen zu gelangen.
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