Stichwort: Sekundäre Leistungsrolle

28. März 2013

Der Begriff des Prosumenten ist in der Diskussion um das Web (2.0) zum Allgemeingut geworden: Ursprünglich von Alvin Toffler (1980) eingeführt, um eine Auflösung der Rollenverteilung zwischen Konsumenten und Produzenten zu umschreiben, wie sie bereits McLuhan (1972) beobachtet hatte (»at electric speeds the consumer becomes producer«), wird er heute z.B. sowohl auf Wiki-Beiträger, (Micro-)Blogger und Youtube-Uploader, aber auch auf Facebook-Nutzer oder aktive Google-Kunden bezogen.

Eine klare Unterscheidung zwischen ›arbeitenden Kunden‹ und »commons-based peer production« wird indes oft nicht getroffen und diese Unschärfe könnte mit ein Grund dafür sein, dass der Prosument einigen Beobachtern noch immer »wie ein Yeti [erscheint], von dem es ja auch nur wenige und zudem verwackelte Fotos gibt« (Rust 2012). Gleichwohl kursieren in den Sozialwissenschaften seit einigen Jahren auch deutlich differenziertere Sichtweisen:

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Kurz notiert: Erste Rezension zu »Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien«

8. März 2013

Zu dem Sammelband »Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien« ist eine erste Kurzrezension auf dem Portal für Politikwissenschaft erschienen, das 2010 aus der Rezensionswebsite der Zeitschrift für Politikwissenschaft hervorgegangen ist:

»[…] den Herausgebern ist es gelungen, Analysen zu sammeln, die detailreich den einzelnen Sektoren der öffentlichen Medienlandschaft gewidmet sind. Diese werden jeweils dahingehend geprüft, wie genau sie sich unter dem Einfluss des Internets gewandelt haben. […] Entstanden ist der Sammelband im Zusammenhang mit einer Tagung der Sektion Wissenschafts‑ und Technikforschung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS). Eine Besonderheit ist, dass die Autoren und Autorinnen sich darüber hinaus zu einem Workshop zur Vorbereitung der Publikation getroffen haben. Das ist dem Band deutlich anzumerken. So wird nicht nur jeder der drei thematischen Abschnitte von einem Text eingeleitet; die Beiträge sind auch von seltener Kohärenz. Insgesamt führen sie für jeden der untersuchten Sektoren aus, dass der durch das Internet eingeleitete Wandel nicht revolutionär, sondern als Transformation stattfindet. Für den Bereich der Wissenschaftskommunikation konnte […] nachgewiesen werden, dass ein langsamer Wandel stattfindet, der von einer ›erstaunlichen Resistenz‹ (276) des etablierten Systems kündet. Auch für andere untersuchte Bereiche ist eher von Komplementarität denn von Substituierung zu sprechen […].«


Leistungsschutzrecht: Vaporware-Status verlassen (Querverweise)

1. März 2013

Das Leistungsschutzrecht hat (auch wenn es den Bundesrat in der gegenwärtigen Form wohl kaum passieren wird) seinen langjährigen Vaporware-Status verlassen – der Bundestag stimmte heute morgen dem entsprechenden Gesetzesentwurf mit 293 zu 243 Stimmen trotz zahlreicher Gegenargumente zu (vgl. z.B. die Stellungnahme des Max-Planck-Instituts für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht). Ein (jüngst erneut modifizierter) Passus der bereits 2009 angekündigten Regelung (PDF, 27.02.2013) macht viele Blogger ob seiner offensichtlichen Unschärfe indes leicht nervös:

»Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte.« (§ 87f 1 1)

Robert Basic leitet aus der Kommentierung des Entwurfs jedoch m.E. zurecht ab, dass die Hauptadressaten Suchmaschinen, News-Aggregatoren sowie News-Apps sind und Blogger von dieser Regelung gar nicht betroffen sein sollten.

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Fähren und Twitter: Infrastrukturen des Kollektiven (Literaturhinweis)

20. Februar 2013

Sascha Lobo hat sich jüngst – für alle, die es auch wirklich noch nicht wussten – als Mitschöpfer der zunehmend populären Netzvokabel »Shitstorm« geoutet (und dafür z.T. recht hämische Kommentare eingeheimst). Ob Lobo’s Kolumne in irgendeiner Form weiterführend ist, sei dahingestellt – auf jeden Fall aber verweisen i.A. recht unscharf gehaltene Begriffe wie ›Shitstorm‹ oder auch ›Schwärme‹, ›Crowds‹ und ›Multitudes‹ auf Kollektiv-Phänomene im Netz, die sich nicht mehr umstandslos in eingespielte sozialwissenschaftliche Kategorien einordnen lassen.

Nichtsdestoweniger kann eine historische Rückbetrachtung auch mit Blick auf scheinbar brandneue Phänomene durchaus erhellend sein, wie Urs Stäheli in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Medien- und Kulturforschung vorführt: In seinem sehr lesenswerten Artikel interessiert sich der Autor dafür, wie Kollektivität zustande kommt bzw. welche Rolle dabei materielle und mediale Infrastrukturen spielen – und schlägt dabei eine Brücke zwischen Fähren und Twitter.

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Lektürehinweis: »Internet-Tsunamis«

2. Februar 2013

Seit letzter Woche steht die Studie »Internet-Tsunamis – Politische Massen im digitalen Zeitalter« zur freien Verwendung im Netz. Sie ist das Ergebnis eines interdisziplinären Forschungsprojekts der xailabs GmbH und der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und will beleuchten, wie sogenannte »Internet-Tsunamis« entstehen (vgl. S. 18):

»Ein Internet-Tsunami ist die themenbezogene Artikulation bestimmter politischer Meinungen bzw. Positionen von einer großen Anzahl an Menschen in einem sehr kurzen Zeitraum. Meinungsimpulswellen werden dabei durch einzelne Personen, Gruppen oder Mikronetzwerke erzeugt, stoßen im Internet auf verstärkende bzw. multiplizierende Resonanz und erzeugen Informationskaskaden. Diese werden durch die Leitmedien weiter verstärkt und münden in der Bildung politischer Massen in der Offline-Sphäre.«

Internet Tsunami

Die Studie bietet interessante Fallstudien (u.a. GuttenPlag, ACTA, Occupy) sowie Auswertungen aus Interviews mit 50 Personen aus den Bereichen Medien, Wissenschaft, Wirtschaft bzw. Politik (darunter auch drei Aktivisten) und ist in ihren (leider z.T. recht unscharfen) sozialwissenschaftlichen Betrachtungen mitunter auch anschlussfähig an meine Thesen zum Verhältnis von Social Media und Massenmedien (dazu aktuell: »Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien«).

Allerdings bringt das buzzword »Internet-Tsunami« so einige analytische Tücken mit sich, wie sie Till Westermeyer in seinem Blog auflistet:
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