8. Mai 2011
Der New Yorker Medienprofessor Jeff Jarvis hat in seinem Blog 36 Thesen zur Zukunft der Nachrichtenbranche zur Diskussion gestellt (auch auf deutsch). Einige erhellende Schlaglichter sollen hier zusammengefasst werden:
- Geschäftsmodelle: »Tugend ist kein Geschäftsmodell. Nur weil Sie gutes tun, verdienen Sie es nicht, dafür bezahlt zu werden. […] Geschäftsmodelle basieren weder auf Ansprüchen, noch auf Emotionen. […] Auf dem Markt zählt nur der Wert. Wert wird durch Nachfrage bestimmt. Welches Problem lösen Sie? Wenn jemand Ihre Aufgabe günstiger, besser und schneller anbieten kann, wird er es machen.«
- Digitale Regeln: »Sie werden den Markt nicht länger kontrollieren. […] Sie sind ein Mitglied eines Ökosystems. Gehen Sie gut mit Anderen um. […] Überfluss wird die Preise digital noch stärker nach unten treiben als in Print. […].«

- Chancen I (lokale Angebote): »[…] es geht darum, Angebote für lokale Händler zur Serienreife zu bringen (über alle Plattform – nicht einfach Platz auf einer Medienseite zu verkaufen, sondern auch bei der Umsetzung mit Google Places, Foursquare, Facebook-Deals und Twitter-Specials zu helfen) und neue, unabhängige, unternehmerische Verkaufskräfte zu etablieren.« Weiterlesen »
1 Kommentar
29. April 2011
Bereits 1981 starteten die ersten Pilotversuche mit elektronischen Zeitungen, so z.B. der Electronic Examiner in San Francisco (vgl. Video) oder in etwas anderer Form der Bildschirmtext (BTX) ab 1983 in der BRD. In Sachen Usability und Leseerlebnis blieben freilich zu dieser Zeit noch viele Fragen offen und auch noch 1995 notierte Clifford Stoll in einem Newsweek-Artikel, der traurige Berühmtheit erlangt hat, da er rückblickend mit den meisten seiner Einschätzungen zum Web insgesamt so falsch wie nur möglich lag:
»The truth in no online database will replace your daily newspaper […]. The Usenet, a worldwide bulletin board, allows anyone to post messages across the nation. […] The result? Every voice is heard. […] When most everyone shouts, few listen. How about electronic publishing? Try reading a book on disc. At best, it’s an unpleasant chore: the myopic glow of a clunky computer replaces the friendly pages of a book. And you can’t tote that laptop to the beach.«
Zur gleichen Zeit arbeitete indes ein 1992 gegründeter Think Tank des Medienkonzerns Knight Ridder (bis 2006 zweitgrößter US-amerikanischer Zeitungsverleger) an der digitalen Zukunft der Zeitung – und zwar auf einem Tablet, komplett mit Personlisierungsoptionen, Bilderstrecken, Kontextinformationen, mobilen Kaufoptionen, Suchmöglichkeiten und Videos. Da man sich damals noch nicht vorstellen konnte, einen Touchscreen mit plumpen Fingern zu bedienen, diente ein Stift als Eingabegerät, ansonsten aber wird in dem nachfolgenden Video von 1994 ein Tafel-Computer vorgestellt, der dem Apple iPad sehr nahe kommt und dessen Einführung für die Jahrtausendwende prognostiziert wurde:
Weiterlesen »
2 Kommentare
23. März 2011
In der Ära von Facebook, Twitter und iPad wirkt folgendes Spiegel-Interview mit Mitch Kapor wie ein Fragment aus einer lange vergangenen Urzeit – tatsächlich ist es aber erst knapp 16 Jahre alt:
F: Wo soll denn überhaupt der Nutzen der Datenautobahn liegen?
A: […] Menschen haben ein ungeheures Bedürfnis nach Kommunikation. Sie brauchen den Kontakt zu anderen, beruflich, gesellschaftlich – auf allen Ebenen.
F: Warum brauchen Sie dafür einen Computer, wo es doch das Telefon gibt?
A: Beim Telefonieren müssen die Gesprächspartner gleichzeitig präsent sein, E-Mail funktioniert auch zeitversetzt. […] die Möglichkeit, mit entfernten Partnern zeitversetzt zu kommunizieren, hat enorme Vorteile.
Nun ist Der Spiegel ein Wochenmagazin, das die allgemeine Öffentlichkeit adressiert – und selbst 1997 verfügten erst 6 bis 7 Prozent der Deutschen über einen Internet-Zugang. Insofern erscheint es verständlich, dass der Interviewer 1995 noch eher eine kritische Haltung gegenüber dem Web eingenommen hat.
Das englischsprachige Mechanix Illustrated wagte indes schon 1968 einen beherzteren Blick in die Zukunft und notierte unter der Überschrift »40 Years in the Future«:
»The single most important item in 2008 households is the computer. These electronic brains govern everything […]. Weiterlesen »
1 Kommentar
19. März 2011
Dem State of the News Media Report 2011 zufolge hat das Internet gedruckte Zeitungen in den USA 2010 als tagesaktuelle Informationsquelle überholt: 34% der Befragen hatten am Tage vor der Umfrage aktuelle Nachrichten im Netz abgerufen, aber nur 31% dafür eine Zeitung konsultiert. Die Stellung des Fernsehens als ubiquitäre Informationsquelle bleibt mit 58% aber (noch) relativ unangefochten:

Ganz so weit scheint es in der BRD laut der ACTA 2010 noch nicht zu sein (Print: 45%, Internet 23%), trotzdem aber lohnt es sich, solche Daten, die der medialen Revolutionsrhetorik in regelmäßigen Abständen Nahrung geben, zumindest kurz zu hinterfragen: Was genau lässt sich daraus ableiten, dass »die Zeitung« gegenüber dem »Web« als tagesaktuelle Informationsquelle an Bedeutung verliert? Weiterlesen »
1 Kommentar
14. März 2011
Heute ist eine aktuelle Studie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der GfK Panel Services erschienen, welche die Effekte von E-Books und E-Readern auf den deutschen Buchmarkt beobachtet und sich gut in die Langfristbeobachtungen und die daraus abgeleiteten Szenarien einordnen lässt, welche in »Gutenberg-Galaxis Reloaded?« bzw. im zugrundeliegenden Discussion-Paper angestellt wurden.

Unter anderem beleuchtet die Untersuchung, deren Kernergebnisse sich auf den Seiten des Börsenvereins abrufen lassen, folgende Punkte:
- Die Vorlieben der Buchkäufer in der BRD: Nur wenige Konsumenten wollen auf das gedruckte Buch und das damit verbundene Leseerlebnis verzichten.
- Die wahrgenommenen Vorteile von E-Books: Digitale Bücher werden als umweltfreundlicher empfunden und könnten nach Verbrauchermeinung vor allen Dingen günstiger als gedruckte Bücher angeboten werden (was aber derzeit nur bedingt der Fall ist). Weiterlesen »
28. Februar 2011
Die Qualitätsblätter dieser Republik geben sich in diesen Tagen alle Mühe, die Flammen um Guttenbergs wissenschaftliche Verfehlungen hoch zu halten – und dies vollkommen zurecht (vgl. GuttenPlag Wiki – Update: KTG ist zurückgetreten). Bei der Zusammenstellung ihrer Anzeigen (zum Teil durch Google vollautomatisiert) ist ZEIT-Online allerdings mindestens heute ein Fauxpas unterlaufen, der sich nahtlos in einen Buchreport-Beitrag zu den Werbepraktiken der Zeit-Print-Ausgabe einreiht (J. Leser: »Die Zeit wird 65 – ein Rentenbescheid«):

Diese unscheinbare Text-Anzeige, die sich via Google AdWords unter einen Artikel geschmuggelt hat (28.2.2011, 14.56 Uhr, hier der ganze Screenshot), der zwischen den Zeilen mögliche Mauscheleien schon bei Guttenbergs Zulassung als Doktorand anheim stellt, führt direkt zu einem Angebot (ehrendoktorwuerde.de), das »Klienten [ohne] abgeschlossenes Universitäts- oder Fachhochschulstudium« auf der Suche »nach einer außergewöhnlichen Ehrung« unterstützt:
Weiterlesen »