Heute ist die Zukunft von gestern XI: »Mesomedien«
6. Januar 2013Der Begriff Mesomedien, der Ende der 1990er Jahre u.a. durch Lars B. Karle geprägt wurde, konnte sich im deutschsprachigen Diskurs um die Onlinetechnologien nie breitenwirksam durchsetzen – und das ist eigentlich schade, denn er könnte durchaus auch heute noch zu einer klareren Sicht auf die Medienlandschaft beitragen. In einem neun Jahre alten Sammelband (»E-Merging Media«, Springer 2004) – also noch vor Aufkommen des Schlagwortes »Web 2.0« – wurden Mesomedien wie folgt gefasst:
»Meso-Medien, die sich an kleine Zielgruppen von einhundert bis einhunderttausend Teilnehmern wenden, […] werden durch das Internet erstmals auf eine ökonomisch tragfähige Basis gestellt. Die Verringerung der Anschaffungskosten für digitale [..] Bearbeitungsausrüstung erlaubt geneigten Amateuren zudem nahezu professionelle Arbeitsbedingungen.
[…] sie ermöglichen neue Formen der Überlagerung bestehender und sich entwickelnder Kommunikationskanäle […]. […] die Integration bestimmter Mesomedien-Elemente in bestehende Medienangebote [bietet] neue Möglichkeiten auch für traditionelle Medienanbieter.«
Insgesamt zeigt sich, dass einige der medienökonomischen Vorhersagen, die das European Communication Council 2004 publiziert hat, in die richtige Richtung gingen (vgl. »Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien«), während andere (z.B. zur ›Ambient Intelligence‹) an den bisherigen Dynamiken vorbeigegangen sind. Die in dem Band erläuterte Unterscheidung zwischen Mikro-, Meso- und Massenmedien lässt sich freilich noch immer als orientierendes Raster anwenden:
Während sich in einer solchen Matrix zwar nicht die Rückwirkungen der jeweiligen Medientypen auf die Öffentlichkeitsstrukturen oder die Interaktionen und Übergänge zwischen den Angeboten abbilden lassen, vermittelt die (hier provisorisch aktualisierte) Klassifikation nach Mikro-, Meso- und Massenmedien gleichwohl ein erstes Grundgefühl für ihre unterschiedlichen Einsatz- und Einflussbereiche, das in der Diskussion um das Web schon allzu oft in den Hintergrund gerückt ist — denn da die Onlinetechnologien die technischen Grenzen zwischen den Formaten auflösen, verleiten sie auch in der sozialwissenschaftlichen Beobachtung dazu, die Unterschiede zwischen den Wirkungsfeldern der einzelnen Medienformen zu nivellieren.