AWA 2023: Nachrichtennutzung und Alter

12. Oktober 2023

Im Sommer ist die diesjährige Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) erschienen, die sich auch mit dem Wandel der Mediennutzung in Deutschland auseinandersetzt. Ihre Ergebnisse sind repräsentativ für die deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 14 Jahren; die Studie basiert auf ca. 23.000 Interviews.

Dabei zeigt sich: In der Frage, wo sich die Befragten gestern über das aktuelle Geschehen informiert haben, führt mit Blick auf die Gesamtbevölkerung – mit abnehmender Tendenz – noch immer das Fernsehen das Feld an (2023: 56 %, 2013: 63 %), gefolgt von Internet (2023: 39 %, 2013: 20%), Zeitung (2023: 31 %, 2013: 43 %) und Radio (2023: 30 %, 2013: 34 %).

In der Aufschlüsselung nach Altersgruppen zeigen sich allerdings mittlerweile sehr deutliche Unterschiede: Insbesondere die 14-29-Jährigen informieren sich tagesaktuell inzwischen vordringlich über das Internet, während in den Altersgruppen ab 45 Jahren klassische Newsmedien (TV, Tageszeitung, Hörfunk) dominieren.

Tabelle: Tagesaktuelle Informationsquellen nach Alter (Quelle: AWA 2023)

14–2930–4445–5960+
nur Internet4625102
Internet und Newsmedien34434223
nur klassische Newsmedien20324875

Splitter: »Digitalzwang im Alltag«

6. September 2023

Bereits Anfang August ist ein reporterdesk-Artikel zum Thema »Digitalzwang im Alltag« erschienen, zu dem auch ich einige Einschätzungen beisteuern durfte. Darin geht es vor allen Dingen um die nicht zu unterschätzende Gruppe der Senior:innen, die weder das Internet noch das Smartphone im Alltag regelmäßig nutzen und deshalb viele Services nur noch eingeschränkt nutzen können.

»Der Sozialwissenschaftler Jan-Felix Schrape forscht an der Universität Stuttgart zu den Schwerpunkten Innovations- und Techniksoziologie. Er sagt: ›Ganz grundsätzlich geht es Unternehmen meist darum, persönliche Beratung jetzt in automatisierter Form digital stattfinden zu lassen.‹ […] ›Ein Problem besteht darin, dass die verantwortlichen Unternehmen und deren Abteilungen, die Apps und Software entwickeln, nicht hinreichend reflektieren, dass es viele Menschen gibt, die bislang noch kaum Bezug zur digitalen Welt haben‹, sagt Schrape. Aus techniksoziologischer Sicht lasse sich ›aber immer wieder feststellen, dass es bei neuen Entwicklungen eine große Gruppe an Nachzüglern gibt‹.

[…] Für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ist die Digitalisierung von zentraler Bedeutung. Experten wie Rena Tangens von Digitalcourage plädieren allerdings dafür, bei allen digitalen Umwälzungen wo es geht analoge Zugänge offenzuhalten. Kurz: Es braucht die analoge Alternative. Der Soziologe sagt es so: ›Neue Technologien eröffnen neue Spielräume, gleichzeitig gehen wir damit aber auch immer neue Abhängigkeitsverhältnisse ein.‹

[…] Der Soziologe Jan-Felix Schrape beobachtet, dass ganze gesellschaftliche Gruppen während der laufenden digitalen Transformation aus dem Blick geraten sind. ›Senior:innen und randständige Milieus spielen in vielen politischen und gesellschaftlichen Fragen der Digitalisierung kaum eine Rolle.‹ Er vermutet, das liege an der vorherrschenden Wahrnehmung, Deutschland sei in Sachen Digitalisierung auf einer Nachholposition. […] dadurch fehle die Zeit ›eine Art Interessenausgleich zu diskutieren oder tatsächlich zu sehen, welche Gruppen marginalisiert sind‹.«


Splitter: Sessions auf dem ÖGS-Kongress 2023: Krise und Kritik im Social Web

29. Juni 2023

Die Krisen unserer Zeit spiegeln sich in radikalisierter und polarisierter Form im Social Web wider. Nie zuvor waren politische Konflikte und diskursive Differenzen, soziale Ungleichheiten, divergente Wirklichkeitssichten, Dynamiken der Selbstvergewisserung und die Abgründe menschlichen Kommunikationsverhaltens sichtbarer als in den soziotechnisch strukturierten Sozialräumen, die digitale Social-Media- und Social-Networking-Plattformen im Internet aufspannen. 

Auf dem diesjährigen Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie (ÖGS) an der Wirtschaftsuniversität Wien (3.–5. Juli 2023) finden zu diesem Thema zwei gemeinsame Veranstaltungen der ÖGS-Sektion Technik- & Wissenschaftssoziologie und der DGS-Sektion Wissenschafts- & Technikforschung statt:

Alexander Bogner und ich freuen uns sehr darauf, entlang 8 spannender Beiträge aus Deutschland, Österreich und der Schweiz u.a. folgende Fragen zu diskutieren:

  • Inwiefern befördern die Strukturen des Social Webs eine Polarisierung und Radikalisierung der politischen Krisenkommunikation?
  • Wie wirken technische und soziale Strukturierungsleistungen in den dort beobachtbaren Dynamiken der Polarisierung und Radikalisierung ineinander?
  • Wie verändert sich die demokratische Erwägungskultur durch die kontinuierliche Sichtbarkeit von differierenden Weltbildern im Social Web? Gerät die Kritik als Resultat substanzieller Auseinandersetzung selbst in die Krise?
  • In welchem Verhältnis stehen die Sichtbarkeit polarisierter Kritik und Skepsis im Social Web und das Entstehen neuer radikaler Protestformen?
  • Kann die Gesellschaft unter diesen Prämissen überhaupt noch eine als gemeinsam markierte Bezugsgrundlage zur Legitimation politischer Entscheidungen herstellen?

Digital News Report 2023

14. Juni 2023

Der (in dieser Form seit 2012 erhobene) Reuters Institute Digital News Report 2023 ist erschienen und bietet wie in den Jahren zuvor einen Überblick zu der weltweiten Rezeption von Nachrichtenangeboten und zu der Nutzung unterschiedlicher Medienkanäle in der individuellen Versorgung mit tagesaktuellen Informationen. In Deutschland fand die Erhebung zwischen dem 10. Januar und dem 31. Januar 2023 statt; die Stichprobe ist für Internetnutzende ab 18 Jahren repräsentativ. Hier die wichtigsten Links dazu:

Einige Kernergebnisse für die BRD:

Weiterlesen »

Digitalisierung, KI: Interessenkonjunkturen

20. April 2023

Mit Google Trends lässt sich das Suchinteresse der Nutzer:innen auf der hauseigenen Suchplattform weit zurückverfolgen. Für Google Deutschland lassen sich dabei mit Blick auf einige debattenprägende Begriffe im Digitalisierungsdiskurs interessante Interessen- und Themenkonjunkturen herausarbeiten.

Während das Suchinteresse an dem Begriff »Web 2.0« bereits ab 2009 merklich abgenommen hat sich und der Begriff »Big Data« ungefähr ab 2012 auf mittlerem Level bewegt, ist der sehr breite Dachbegriff »Digitalisierung« erst ab 2015 so richtig in den Fokus des öffentlichen Interesses getreten. Seit Ende 2022 tritt der Begriff »Künstliche Intelligenz« zunehmend in den Vordergrund (was angesichts des ubiquitären Hypes um Anwendungen wie ChatGPT kaum überrascht).

Was sich aus solchen Interessenkonjunkturen aus innovationssoziologischer Sicht lernen lässt, zeigt unter anderem Hartmut Hirsch-Kreinsen in seinem aktuellen Buch »Das Versprechen der Künstlichen Intelligenz: Gesellschaftliche Dynamik einer Schlüsseltechnologie« (2023) auf (siehe auch mein Buch »Digitale Transformation«).