Nonkonformismus

19. September 2011

Sozialer Wandel wird (auch) durch Nonkonformisten vorangetrieben, das steht außer Frage: Martin Luther beispielsweise lässt sich nicht einfach als Membran für die strukturaufbrechende Wirkung des Buchdrucks oder als Variable in einem Phasenwechsel zwischen priesterdominiertem und säkularem Wissen beschreiben (vgl. Elias 2001), denn rückblickend lässt sich kaum absehen, ob ohne sein Auftreten vielleicht ein anderer Reformator vergleichbare Dynamiken angestossen hätte oder ähnliche persönliche Risiken eingegangen wäre.

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Wie aber unterscheiden sich heute Nonkonformisten von Konformisten? Was genau ist ihre Funktion in einer liberalen Gesellschaft? (Kann man sich schon als Nonkonformist bezeichnen, wenn man die Piratenpartei wählt?) Heinz Bude hat sich im aktuellen Merkur (9/10 2011) mit diesen sowie ähnlichen Fragen auseinandergesetzt und dabei ist ein sehr lesefreundlicher (kostenfrei abrufbarer) Artikel entstanden, dessen einleitender Absatz sich aus systemtheoretischer Sicht ähnlich fassen ließe:

»Offene Gesellschaften rechnen mit Nonkonformisten. […] Karl Mannheim hätte seinerzeit gesagt, es sind die Protagonisten der Unruhe, die die ›Konkurrenz auf dem Gebiete des Geistigen‹ beleben. […] Es geht um kognitive Irritationen wie um normative Rebellionen.«

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Splitter: Auf Daten-Exkursion gehen… (2)

15. September 2011

Nachdem Anfang des Jahres das Online-Auswertungstool der Typologie der Wünsche vorgestellt wurde, ergeht diesmal ein kurzer Hinweis auf die OECD iLibrary: Hier finden sich nicht nur über 6000 E-Books als PDF-Download (z.B. alle neueren OECD-Studien und Arbeitspapiere), sondern auch 36 Datenbanken mit über 4 Mrd. Einzelstatistiken zu den Entwicklungen in den OECD-Ländern seit 1960, die als Exel-Tabellen heruntergeladen werden können, so z.B. die aktuellen Statistiken zu den tatsächlich abgeleisteten Arbeitsstunden pro Jahr im OECD-Vergleich (vgl. Abb.).

Um auf die bereitgestellten Daten vollumfänglich zurückgreifen zu können, muss der geneigte Daten-Exkursionist allerdings Mitglied einer Hochschule bzw. einer lizensierten Institution sein oder sich in eine nahegelegene (universitäre) Bibliothek begeben (vgl. die Liste der Institutionen und Bibliotheken mit iLibrary-Zugang).

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Studien zur mobilen Internetnutzung

9. September 2011

Diejenigen, die schon 2009 hier reingelesen haben, werden sich an eine Wette erinnern, die ich damals mit einem Kollegen abgeschlossen hatte: Er vertrat die Meinung, dass im Herbst 2013 die Hälfte der Deutschen regelmäßig über Mobile Devices auf das Internet zugreifen, und ich tippte dagegen. Mittlerweile ist Wett-Halbzeit und es lohnt sich, ein Blick auf die aktuellen Studien zur mobilen Internetnutzung zu werfen (Mobile Web Watch 2011ARD/ZDF-Onlinestudie; TNS Convergence Monitor 2011).

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Tobias Bevc zum demokratischen Potential des Web 2.0 (Literaturhinweis)

4. September 2011

Tobias Bevc hat einen lesenswerten Artikel zum optisch nicht mehr ganz taufrischen Online-Magazin Telepolis beigesteuert, der einige »Überlegungen zum demokratischen Potential des Web 2.0« anstellt und teilweise zu recht kruden Kommentaren (1, 2, 3) geführt hat (die hier nicht näher diskutiert werden sollen, aber im Kontext der angeschlagenen Thematik wiederum zu Denken geben).

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»Das Web hat sich schneller als andere Medien ausgebreitet« — ein Mythos?

8. August 2011

Norbert Elias hat dem Sozialwissenschaftler in »Was ist Soziologie?« (1970) einst die Funktion eines »Mythenjägers« zugesprochen und auch in der modernen Informationsgesellschaft durchkreuzen noch immer zahlreiche Legenden die Öffentlichkeit, die hinterfragenswert erscheinen – darunter die Erzählung, dass sich das Internet schneller ausgebreitet hat als alle Medien je zuvor (siehe etwa hier). Und tatsächlich: Während z.B. in den USA das Radio nach 20 Jahren Marktpräsenz 99 Mio. Nutzer und das Fernsehen deren 160 Mio. verzeichnen konnte, wird das Web bis Ende 2011 rund 250 Mio. US-Amerikaner erreichen.

Der norwegische Informatik-Dozent Gisle Hannemyr stellte allerdings schon 2003 in einem Artikel fest, dass an dieser einfachen Rechnung vieles nicht stimmt: Einerseits sollte zwecks Vergleichbarkeit darauf geachtet werden, dass der Startpunkt der Verbreitungskurven für jedes Medium eine ähnliche Ausgangssituation beschreibt, und andererseits müsste die Bevölkerungsentwicklung mit in die Berechnung mit einbezogen werden. Wird beides getan, kommt folgende Grafik heraus (die Hannemyrs Daten um aktuellere Nutzer- und Bevölkerungszahlen ergänzt):

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Buchmarkt: 55 Thesen und 3 Szenarien

26. Juni 2011

In der Taxierung der Rückwirkungen der neuen Technologien auf die Printmedien scheint der Trend in Richtung einer hohen Thesenanzahl zu gehen (vgl. Jeff Jarvis’ 36 Thesen zur Zukunft der News-Branche). Im Juni standen nun 55 Thesen zum deutschen Buchmarkt 2025 in der Diskussion, die von Matthias Ulmer (Verleger-Ausschuss), Heinrich Riethmüller (Sortimenter-Ausschuss) und Matthias Heinrich (Ausschuss für den Zwischenbuchhandel) entwickelt wurden und deren zentrale Aussagen sich im Groben auf 5 Punkte reduzieren lassen:

  • Gedruckte Medien verlieren an Bedeutung. Insbesondere der stationäre Buchhandel muss in den nächsten 15 Jahren mit einem Rückganz von ca. 30 Prozent rechnen. Paid-Content hingegen wird einen wachsenden Anteil am Gesamtumsatz einnehmen, wobei auf diesem Feld neue Anbieter Markteinfluss gewinnen werden.
  • Gedruckte Fachbücher und Bildungsmedien verlieren erheblich an Bedeutung (und damit auch deren stationärer Vertrieb). Insbesondere in diesen Bereichen sollten Verlage daher ein erweitertes Know-How hinsichtlich Konzeption, Produktion und Distribution von elektronischem Paid-Content aufbauen.

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»Social Web: Macht durch FreiRaum« (?)

24. Juni 2011

Benjamin Mattausch hat im aktuellen Soziologie Magazin einen interessanten Artikel zur Einflusskraft des Social Web veröffentlicht, auf den hier kurz verwiesen werden soll, zumal er eine gegenteilige Position zu NDiN einnimmt:

»Auch wenn einige Medienwissenschaftler_innen dem Social Web die Hervorbringung von Demokratisierung und Partizipationen absprechen (vgl.Münch/Schmidt 2005; Schrape 2010), möchte ich ein anderes Resümee ziehen: Da die Macht in allen gesellschaftlichen Teilen allgegenwärtig ist, ist sie auch veränderbar und umkehrbar. Das Selbst kann so Praktiken des Widerstands und der Gegenmacht entwickeln, um sich zu emanzipieren (vgl. Demirovic 2009: 10). Menschen könnten Selbsttechnologien variieren und soziale Praktiken […] neu bestimmen (vgl. Lemke/Krasmann/Bröckling2000: 28). Medienentwicklung (als technischer Wandel) und eine Veränderung gesellschaflicher Strukturen (als kultureller Wandel) bedingen sich wechselseitig, wobei neue soziale Praktiken und Techniken einen langen Weg des Aushandelns und Ausprobierens gehen (vgl. Jäckel 2005; Rammert 2007; Ogburn1969) […].

Aktuell scheinen Social Media mit ihren interaktiven und vernetzten Plattformen ein medial alternatives Werkzeug für Freiräume und Gegenöffentlichkeiten anzubieten, das als sozio-technische Innovation in starre Herrschaffsregime eingreifen und Machtverhältnisse demokratisieren kann. (Vgl. Bryan/Tsagarousianou/Tambini 1998: 5)«

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