1. Januar 2014
In einem aktuellen Telepolis-Diskussionsbeitrag setzt sich Jörg Räwel mit der immer wieder aufkommenden Forderung nach einer Regulierung der Finanzmärkte auseinander und kennzeichnet diese – aus systemtheoretischer Sicht – als Illusion:
»Es sollte deutlich geworden sein, dass mit der abstrakten Forderung, die Finanzmärkte zu ›regulieren‹, der Politik ein wirtschaftliches Detailwissen aufgebürdet werden soll, das sie nicht nur gegenwärtig nicht hat, sondern, gemäß der Logik ihres politisches (und eben nicht: wirtschaftlichen) Funktionierens, nie haben kann. Es handelt sich um eine unrealistische Forderung.
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31. August 2013
Im Fernsehen, im Radio, im Internet, auf dem Flughafen, in der Innenstadt, entlang der Autobahnen – Werbung ist allgegenwärtig. Und vermutlich weitaus häufiger als es aufgeklärten Europäern lieb sein kann, folgen wir ebendieser in unseren Kauf- und Konsumentscheidungen, denn – wie sich kürzlich in einer Rezension zu der App kaufDA lesen ließ – »an irgendetwas müssen wir uns ja orientieren«.
Auch Niklas Luhmann hat sich im Zuge seiner Reflexionen über die Massenmedien Mitte der 1990er Jahre mit der Werbung beschäftigt und sprach ihr dabei unter anderem die latente Funktion zu, »Leute ohne Geschmack mit Geschmack zu versorgen«. Im Folgenden finden sich einige seiner Thesen zu Werbung, die in vielen Belangen wohl auch heute noch eine hohe Anschlussfähigkeit aufweisen:
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21. April 2013
Die Prozesssoziologie und die Systemtheorie stehen sich in ihren Grundsätzen augenscheinlich unvereinbar gegenüber: Norbert Elias und Niklas Luhmann setzen ihr analytisches Seziermesser auf unterschiedlichen Ebenen an und dementsprechend lassen sich je nach Analysebesteck einige Phänomene unkomplizierter in den Blick nehmen, während sich andere nur schwer beobachten lassen. Trotz aller Divergenzen nehmen beide Soziologen allerdings erkenntnistheoretisch eine ähnliche semikonstruktivistische Position ein und betonen sowohl die Beobachterrelativität aller Wirklichkeitssichten als auch die Wechselprozesse zwischen individueller und wir-zentrierter Realitätskonstruktion. Diese Anschlusspotentiale resultieren nicht zuletzt aus der Offenheit prozess- wie auch systemtheoretischer Denkweisen gegenüber kognitionswissenschaftlichen Forschungssubstraten.
Einen einführenden Überblick über die Grundsätze und erkenntnistheoretischen Positionen von Luhmann und Elias sowie deren Anschlusspotentiale bietet nachfolgendes Skript.
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28. März 2013
Der Begriff des Prosumenten ist in der Diskussion um das Web (2.0) zum Allgemeingut geworden: Ursprünglich von Alvin Toffler (1980) eingeführt, um eine Auflösung der Rollenverteilung zwischen Konsumenten und Produzenten zu umschreiben, wie sie bereits McLuhan (1972) beobachtet hatte (»at electric speeds the consumer becomes producer«), wird er heute z.B. sowohl auf Wiki-Beiträger, (Micro-)Blogger und Youtube-Uploader, aber auch auf Facebook-Nutzer oder aktive Google-Kunden bezogen.
Eine klare Unterscheidung zwischen ›arbeitenden Kunden‹ und »commons-based peer production« wird indes oft nicht getroffen und diese Unschärfe könnte mit ein Grund dafür sein, dass der Prosument einigen Beobachtern noch immer »wie ein Yeti [erscheint], von dem es ja auch nur wenige und zudem verwackelte Fotos gibt« (Rust 2012). Gleichwohl kursieren in den Sozialwissenschaften seit einigen Jahren auch deutlich differenziertere Sichtweisen:
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11. Februar 2013
Niklas Luhmann hat sich theoriearchitektonisch zu vielerlei Gelegenheiten an ›sozialen Bewegungen‹ gerieben (siehe auch: Niklas Luhmann über Protest — Teil 1). In einem Interview mit Kai-Uwe Hellmann im Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen 2/1994 (S. 54ff., kostenfreies PDF) gab er dazu u.a. folgende Gedankengänge zu Protokoll (letzterer Abschnitt ist v.a. mit Blick auf die Piratenpartei interessant):
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27. Oktober 2012
In aller Regelmäßigkeit wird der Theorie sozialer Systeme eine inhärente Statik unterstellt, welche die Beobachtung von Wandlungsprozessen erschwert. Um diesen Vorwurf zu widerlegen, ließe sich nun beispielsweise auf Luhmanns umfangreiche evolutionstheoretische Überlegungen oder auf seine situative Fassung von ›Sinn‹ verweisen. Ein solcher Hinweis hilft mithin kaum weiter, solange sich der jeweilige Ansprechpartner nicht ohnehin schon in Luhmanns Gedankenbau auskennt.
In einer posthum von Dirk Baecker herausgegebenen Transkription einer luhmannschen Vorlesung aus dem Wintersemester 1991/1992 freilich finden sich im Schlusskapitel einige Passagen dazu (S. 315ff.), die allgemein anschlussfähiger erscheinen als üblich:
8. Juli 2012
Update: Siehe auch Teil 2!
Niklas Luhmann hat sich nicht nur einmal mit dem Themenkomplex ›Protest‹ beschäftigt (vgl. »Luhmann und Stuttgart 21«). In relativ verständlicher Form und mit Rückgriff auf die Beatles nähert sich Luhmann dem Thema in einem taz-Artikel aus dem Jahr 1988 an, der auf der hier verlinkten (wohl etwas älteren) Quellseite mit einer kritischen Antwort von Urs Jaeggi garniert wird. Dabei lässt sich der Text zum einen als zeitgenössisches Dokument lesen – als wortgewandte Abrechnung mit der alternativen Gesellschaftskritik in der ›68er‹-Tradition. Zum anderen finden sich aber auch heute noch höchst anschlussfähige Thesen:
»Gewiß: die Idee ist unabweisbar, daß alles auch ganz anders gehen könnte. Eine ganze Armee von Intellektuellen hat sich dadurch inspirieren lassen – nur um letztlich auf einer Ja/Aber-Position zu landen, ohne dann erkennen zu können, daß man falsch gestartet war. […] Was gescheitert ist, ist die Naivität und die Leichtfertigkeit der Beschreibung.
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