12. März 2016
Dem derzeitigen ›4.0‹-Trend folgend hat Dirk Baecker unlängst in seinem lesens- wie diskussionswerten Essay »Oszillation 4.0« (auf dem jungen sozialwissenschaftlichen Nachrichtenportal Soziopolis) die Mediengeschichte neu aufgerollt und – wie der Titel schon sagt – entlang des Begriffs der ›Oszillation‹ in 4 Phasen gegliedert:
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4. Oktober 2015
Wir leben in krisenreichen Zeiten – und nichtsdestotrotz schweigen (scheinbar) weite Teile der akademischen Welt. Diese Beobachtung ist jedenfalls der Stein des Anstoßes für eine Debatte in der Zeit, in welcher Bernhard Pörksen vor einigen Wochen einen provokanten Aufschlag lieferte (»Ende der Einmischung« – »Selbstkastration einer kritischen Intelligenz« – »Selbstabschottung des Systems«).
In der Zeit 38/2015 findet sich nun ein Beitrag von Armin Nassehi, der drei Anmerkungen zu »Bernhard Pörksens Phantomschmerz über den Verlust des Intellektuellen als Anwalt der Zivilgesellschaft« in die Diskussion einbringt:
(1) »[Es] reicht [.] heute nicht mehr aus, eine zivilgesellschaftliche Parteinahme gegen die Entscheidungsinstanzen zu üben. Politische und ökonomische, rechtliche und wissenschaftliche, mediale und kulturelle Perspektiven treffen aufeinander, und manche Lösung aus der einen Perspektive ist ein Problem aus der anderen – und umgekehrt. Dafür muss es in öffentlichen Debatten Beschreibungsmöglichkeiten geben, die zwischen diesen unterschiedlichen Perspektiven übersetzen. […] das ist übrigens das, was gute Forschung ausmacht: zu zeigen, was man so noch nicht wusste oder was man auch anders sehen könnte.«
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11. September 2015
Im Leviathan 3/2015 ist vor einigen Tagen der Artikel »Dezentralisierung, Demokratisierung, Emanzipation. Zur Architektur des digitalen Technikutopismus« (Abstract | Preprint) erschienen, den ich zusammen mit Sascha Dickel verfasst habe.
In diesem Aufsatz arbeiten wir anhand der Beispiele Web 2.0 und 3D-Druck die wiederkehrenden semantischen Muster populärer Medienutopien heraus und entfalten die These, dass der Erfolg dieser Zukunftsvorstellungen auf ihrer instantanen Anschlussfähigkeit gegenüber einer Vielzahl an gesellschaftlichen Diskursen fußt. Anschließend werden die Ambivalenzen des digitalen Technikutopismus aus Sicht der Sozialwissenschaften diskutiert.
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22. Juni 2015
Nachdem an dieser Stelle vor gut einem Jahr auf Hartmut Essers lesenswerte Persiflage »Der Doppelpaß als soziales System« hingewiesen worden ist, folgt nun eine kleine Sammlung an Aussagen zu Sport und Spiel von Niklas Luhmann selbst:
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22. Dezember 2014
Das Verhältnis zwischen System- und Akteurtheoretikern ist gelinde gesagt recht angespannt. Ein Beispiel hierfür findet sich in der mit offenem Visier ausgefochtene Fehde zwischen Renate Mayntz und Niklas Luhmann: Während Mayntz (1997: 199) der Systemtheorie vorwarf, soziale Systeme »nach dem Prinzip der Dame ohne Unterleib […] auf bloße Kommunikationen« zu verkürzen und »damit ihres realen Substrats und aller faktischen Antriebskräfte« zu berauben, unterstrich Luhmann (2002: 255f.) die Notwendigkeit zur Differenzierung: »In Wirklichkeit ist es noch schlimmer, denn […] der ganze Leib ist überhaupt nicht Teil des sozialen Systems«. Gesellschaft besteht aus seiner Sicht einzig in Kommunikation, weshalb sich sein Ansatz auf die Evolution sozialer Sinnsysteme konzentriert.
Trotz vereinzelter Vermittlungsversuche, die u.a. darauf abheben, dass sich mit unterschiedlichen Paradigmen eben jeweils andere Aspekte ›gesellschaftlicher Wirklichkeit‹ ausleuchten lassen, stehen sich die systemtheoretische und akteurzentrierte Ansätze im soziologischen Alltagsgeschäft meist disparat gegenüber und schon der punktuelle Rückgriff auf rivalisierende Begrifflichkeiten ruft in den jeweiligen Zirkeln »instantanes Desinteresse« (Schimank 2009: 202) hervor.
London, East India Dock Rd (Quelle: jordi.martorell)
Eine neue Qualität bergen indes zwei aktuelle Aussagen von Wolfgang Streeck (bis 10/2014 Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung), der Luhmanns Theorie expressis verbis als Steigbügelhalter für eine politisch desinteressierte und unkritische deutschsprachige Soziologie beschreibt, die ihre Augen allzu lange gegenüber den Folgen der wirtschaftlichen Liberalisierung verschlossen hätte:
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13. August 2014
»Inzwischen hat sich die Gesellschaft an Technik gewöhnt« – so formuliert es Niklas Luhmann aus evolutionstheoretischer Perspektive im dritten Kapitel seines Buches Die Gesellschaft der Gesellschaft (GdG, 1997). Viele technische Errungenschaften der Moderne erscheinen uns selbstverständlich oder werden uns erst bewusst, wenn sie einmal nicht funktionieren, z.B. falls die Wasserversorgung unterbrochen wird, es zu einem Stromausfall kommt oder die Onlineverbindung instabil wird:
»[…] die Abhängigkeit von funktionierender Technik hat zugenommen mit der Folge, daß ein Zusammenbruch der Technik […] auch zu einem Zusammenbruch der uns vertrauten Gesellschaft führen würde. […] in allen gegenwärtigen Operationen muß die gesellschaftliche Kommunikation Technik voraussetzen und sich auf Technik verlassen können, weil in den Problemhorizonten der Operationen andere Möglichkeiten nicht mehr zur Verfügung sind. Und der Zeitbedarf der Ablösung von Technik […] wäre derart groß und die sachlichen Konsequenzen wären derart gravierend […], daß eine Umstellung […] praktisch ausgeschlossen ist.« (GdG, Kap. 3, IX)
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1. Juni 2014
Dass die Affinität zum Fußball unter Soziologen mindestens ebenso hoch ist wie in anderen Bevölkerungsteilen, zeigen zahlreiche Texte, die sich mit dem Wesen und den soziokulturellen Effekten dieses Spiels auseinandersetzen – so beispielsweise Elias’ Überlegungen zur Funktion von Sport und Spannung im Prozess der Zivilisation oder Berger/Hammers Erkundungen zur doppelten Kontingenz von Elfmeterschüssen (Soziale Welt 4/2007).
Weniger mit dem Fußballsport als mit dem Wesen der eigenen Disziplin setzt sich hingegen die vor gut 23 Jahren erschienene Persiflage »Der Doppelpaß als soziales System« von Hartmut Esser auseinander, die mittlerweile kostenfrei als PDF abrufbar ist und in der (entgegen aller Regeln der Zunft!) mitpublizierten gutachterlichen Stellungnahme folgende Bewertung erfuhr:
»Anders als die zunehmend größer werdende Schar systemtheoretischer Amateure beherrscht der Verfasser Theorie und Begrifflichkeit […]. Hier liegen die Schwächen nicht […]. Wie (fast) immer bei systemtheoretischen Analysen kommt – was sonst? – die Empirie nicht zu ihrem Recht. Dabei hat der Autor […] offenkundig eine ungewöhnlich genaue Kenntnis des empirischen Feldes […]. Man mag es dem Verfasser noch nachsehen, wenn er in allzu enger, rein netzwerktheoretischer Perspektive verkennt, daß es beim krönenden Abschluß einer Doppelpaßsequenz nicht darum geht, den Ball ›ins Netz(!) zu schieben‹, sondern vielmehr darum, diesen über den signifikanten Limes, die Torlinie, zu prozessieren: über das Signum von der Differenz zwischen dem Feld und seiner Umwelt. […]«
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