Im Mai dieses Jahres verkündete Amazon, in den USA erstmals mehr E-Books als gedruckte Bücher verkauft zu haben. Zwar wurden die Fluten an kostenlosen E-Books in der zugrundeliegenden Statistik nicht berücksichtigt, aber u.a. Die Zeit entdeckte einen anderen Schönheitsfehler an dieser werbewirksamen Aussage: Als gedruckte Bücher wurden nur jene Hardcover- und Taschenbücher gezählt, die nicht gleichzeitig auch im digitalen Kindle-Format vorlagen. Nichtsdestotrotz lässt sich auch nach einer aktuellen Studie der Eindruck gewinnen, dass sich zumindest der deutsche Markt für E-Books im internationalen Vergleich recht langsam entwickelt (vgl. Abbildung):
Mit der Rückkehr von Steve Jobs ist Apple wie Phoenix aus der Asche auferstanden und hat in den letzten 10 Jahren wie kein anderes IT-Unternehmen Innovationen für den Massenmarkt geschaffen. Sicher – Apple hat weder den mp3-Player, das Smartphone oder den Tablet-Computer erfunden, aber Apple hat in all diesen Bereichen Hard- und Software zu alltagstauglichen Technologie-Sets integriert.
Rückblickend lässt sich kaum absehen, ob die schon längst tot geglaubten Tablet-Computer auch ohne die Impulse aus Cupertino irgendwann eine vergleichbare Aufmerksamkeit gefunden hätten, ob die Musikindustrie zusammen mit anderen Plattformanbietern einen Ausweg aus ihrem digitalen Dilemma gefunden hätte oder ob mobiles Internet heute ein so bestimmendes Thema wäre. Relativ sicher lässt sich allerdings zu Protokoll geben, dass Apple die genannten Entwicklungen wesentlich beschleunigen konnte und die strategische Ausrichtung vieler weiterer Unternehmen wie z.B. Amazon (Kindle Fire) mitbestimmt hat.
Die Politik der proprietären Content- und Technologie-Systeme hat zu (berechtigter) Kritik geführt – und eigentlich wirkt es erstaunlich, dass sich die Nutzer in Zeiten von Open-Content und Open-Source auf solche Beschränkungen einlassen. Sie hat aber auch dazu beigetragen, die Verlässlichkeit, Verständlichkeit und Usability der jeweiligen Geräte zu erhöhen: Ich weiß etwa, dass ich auf meinem iPhone nicht jedes Programm ausführen kann oder meine Musik über iTunes synchronisieren muss. Aber ich weiß auch: Mein iPhone funktioniert zuverlässig, intuitiv und zumeist ohne böse Überraschungen. Es funktioniert einfach – so wie mein Fernseher oder mein Toaster. Und das ist ein Versprechen, das (mobile) Computer und Smartphones zwar schon lange mit sich tragen, vor den iGadgets aber nur selten so umfassend eingelöst wurde.
Zweifellos hat Apple also für die Nutzer die Effizienz im Informationsabruf und der medienvermittelten Kommunikation erhöht. Inwieweit das die Gesellschaft jenseits von Beschleunigung verändert, ist eine viel diskutierte Frage, die noch längst nicht abschließend beantwortet werden kann. Das aber ist auch nur die eine Seite.
Ulrich Dolata hat in der (Fach-)Zeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik vor einigen Wochen einen Artikel zum Kampf um Werbeeinnahmen im Social Web veröffentlicht, der einen konzisen Überblick über die wirtschaftlichen Erwägungen (und Zahlen) hinter Facebook und Google+ gibt. Quintessenz:
»Google unternimmt derzeit einiges, um den weiteren Aufstieg von Facebook einzudämmen. Das ist der wesentliche Grund für den Einstieg des Werbekonzerns Google in das Geschäft mit sozialen Netzwerken. […] insgesamt ist Google auf dem Online-Werbemarkt noch immer erheblich breiter aufgestellt als Facebook und verfügt über erheblich größere Ressourcen, um in neue Bereiche zu investieren. Wenn Facebook hier aufschließen und mithalten will, braucht es daher viel Geld […]. Das allein schon macht für Facebook den Gang an die Börse zwingend erforderlich.«
Mittlerweile lässt sich dieser Artikel kostenfrei abrufen, und zwar entweder direkt bei den Blättern oder auf den Seiten der Uni Stuttgart.
Diejenigen, die schon 2009 hier reingelesen haben, werden sich an eine Wette erinnern, die ich damals mit einem Kollegen abgeschlossen hatte: Er vertrat die Meinung, dass im Herbst 2013 die Hälfte der Deutschen regelmäßig über Mobile Devices auf das Internet zugreifen, und ich tippte dagegen. Mittlerweile ist Wett-Halbzeit und es lohnt sich, ein Blick auf die aktuellen Studien zur mobilen Internetnutzung zu werfen (Mobile Web Watch 2011; ARD/ZDF-Onlinestudie; TNS Convergence Monitor 2011).
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien hat vor wenigen Tagen seine diesjährige Studie zum Status Quo und zur Zukunft der Unterhaltungselektronik in Deutschland veröffentlicht. Eines der Kernergebnisse: Flachbild-Fernseher, digitale Photoapparate, Hifi-Systeme, Spielekonsolen, Set-Top-Boxen und Navigationssysteme machen 2010/11 den Löwenanteil des Gesamtumsatzes in Deutschland aus; E-Reader spielen bislang kaum eine Rolle (vgl. Abbildung, Quelle: CE-Studie 2011, verlinkt):
Die alljährliche »Brenner-Studie« der GfK für 2011 ist erschienen und wurde in »Studie zur digitalen Content-Nutzung« umbenannt, da dieses Jahr auch der Download und die Nutzung von weiteren Medienprodukten reflektiert wird und neben dem Bundesverband der Musikindustrie auch die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels als Kooperationspartner hinter der Untersuchung stehen.
Diese Zusammenarbeit, wie auch die einseitige initiale Interpretation der Ergebnisse durch die Verbände (vgl. Buchreport, Spiegel Online), zeigt, dass die einzelnen Mediensektoren Raubkopien als gemeinsames Problem erkannt haben. Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, gibt denn auch angesichts der Studienergebnisse sogleich zu Protokoll, es sei »nicht erkennbar, dass die Bundesregierung das kulturelle und wirtschaftliche Gefahrenpotenzial erkennt. Wenn nicht bald eine vernünftige Regelung für den Umgang mit urheberrechtlich geschützten Inhalten im Netz entwickelt wird, entzieht das den Kreativen und ihren Verlagspartnern nach und nach die wirtschaftliche Grundlage.«
»Das Internet macht vielleicht doch nicht dumm« überschreibt Die Zeiteinen Artikel zu den Ergebnissen einer aktuellen Studie der Columbia University (»Google Effects on Memory«): In der Untersuchung stellte sich heraus, dass sich die Probanden »besser an den Ort erinnern konnten, an dem die Information zu finden ist, als an die Information selbst«. Daraus leiten die Autoren (Sparrow/Wegener) die Vermutung ab, dass das Web als externes Gedächtnis dienen kann.
Ob das Web als Erweiterung des Gehirns wirkt, hängt allerdings wesentlich auch davon ab, über welche Bewertungs- und Selektionskompetenzen der jeweilige Onliner verfügt bzw. aus welchen Gründen heraus er ins Netz geht. Oder um es in den Worten eines netzbekannten fiktiven Rückblick-Kurzfilms zu sagen:
»Bestenfalls ist [das Netz] für seine klügsten Nutzer einer Zusammenfassung der Welt, tiefer umfassender und nuancierter als alles vorher Erhältliche, aber Schlimmstenfalls ist [es] für allzu viele Menschen lediglich eine Ansammlung von Belanglosigkeiten […].«
Dieser Ausschnitt stammt aus der imaginären filmischen Rückschau EPIC 2015, der als Projekt eines ebenfalls erfundenen Museum of Media History die Geschichte des Internet von 1989 bis 2015 nachzeichnet und im Jahr 2004 veröffentlicht wurde. Er beschreibt, wie sich das Netz unter der Vorherrschaft einer damals angenommenen Allianz von Google und Amazon zu einem automatisierten Evolving Personalized Information System entwickelt, das »für jeden ein Content-Paket zusammen[stellt], das seine Vorlieben, seine Konsumgewohnheiten, seine Interessen, seine demografischen Faktoren und seine sozialen Bindungen nutzt« – ein individuelles externes Gedächtnis also, das alle gewünschten Informationen auf dem silbernen Tablet(t) serviert: