20 Jahre »Handy« – 55 Jahre Mobilfunk in der BRD
1. Juli 2012Wovon sich der Begriff »Handy« ursprünglich ableitet, lässt sich bis heute nicht zweifelsfrei klären: Zwar gab es schon seit den 1940er Jahren immer wieder Geräte, die das Wort »handy« in ihrem Namen trugen oder in Expertenkreisen inoffiziell so genannt wurden, aber eine eindeutige Verbindungslinie zu der sich ab 1992 im deutschsprachigen Raum (primär: BRD) durchsetzenden Bezeichnung für Mobiltelefone liegt scheinbar nicht vor.
Zweifelsohne aber wurde der Begriff 1994 in einer Werbeanzeige für das erste GSM-Mobiltelefon von Nokia – das 11/1992 eingeführte Nokia 1011 – verwendet, um seine Handlichkeit herauszustellen: Das Nokia 1011 verfügte über Abmessungen von 195 mm x 60 mm x 45 mm und wog 475 Gramm. Es war damit deutlich kleiner bzw. leichter als das verbreitete Motorola International 3200 (334 × 43 × 67 mm; 520 g) und konnte für ca. 2300 DM (ohne Vertrag) erworben werden.
Die Geschichte des Mobilfunks in der BRD begann allerdings schon deutlich früher (vgl. für eine akribische Auflistung der Standards und Modelle: www.oebl.de):
- Ab 1958 führte die Deutsche Bundespost das bis 1977 betriebene analoge A-Netz bzw. den öffentlich beweglichen Landfunkdienst (öbL) mit Handvermittlung ein. Die eigentlichen Empfangsgeräte waren zunächst noch sehr groß und fanden z.B. im Kofferraum einer Limousine Platz. Bis in die 1970er Jahre wurde das Netz weiter ausgebaut, erreichte 1968 rund 80 Prozent Abdeckung in Westdeutschland und bediente 1971 ca. 11.000 Teilnehmer.
- Von 1972 bis 1994 war das B-Netz in Betrieb, das nunmehr Selbstwählverbindungen in beide Richtungen und Verbindungen aus dem stationären Telefonnetz in das Funknetz ermöglichte. Es erreichte 1986 mit 27.000 potentiellen Teilnehmern seinen höchsten Ausbaustand, bediente noch 1988 über 24.000 Teilnehmer und brachte noch immer einige Probleme mit sich: Um z.B. einen Funknetzteilnehmer zu erreichen, musste der Anrufer wissen, in der Nähe welcher Funknetz-Station sich der Anzurufende befand und die entsprechende Vorwahl wählen. Zudem erfolgte die Übertragung vom Festnetztelefon zum Mobiltelefon unverschlüsselt.
- Das ebenfalls noch analoge C-Netz wurde 1985 in Betrieb genommen, stellte seinen Betrieb Ende 2000 ein und bot gegenüber seinen Vorläufern zahlreiche Vorteile: Alle Teilnehmer konnten nun über eine gemeinsame Vorwahl angesteuert werden, der Wechsel von einer Funkstation zur nächsten war unterbrechungsfrei möglich; das Abhören wurden erschwert; neben Einbaugeräten (z.B. Autotelefonen) waren auch Handgeräte möglich; und es konnten bis zu 850.000 Teilnehmer bedient werden. 1988 verfügt das Netz über 98.762 Teilnehmer, die bereit waren, die hohe monatliche Grundgebühr und die satten Minutenpreise (über 2 DM) zu bezahlen. Noch ca. 1991 warb die Telekom für das C-Netz in TV-Spots wie folgt:
- Das digitale D-Netz startete seinen regulären Betrieb im Juli 1992. Bereits seit 1982 arbeitete die Groupe Spéciale Mobile (GSM) an einem einheitlichen digitalen Mobilfunkstandard für Europa und Ende der 1980er Jahre entschied der damalige Postminister, dass neben der Bundespost (bzw. Telekom) auch einem privaten Anbieter eine Lizenz für ein GSM-Netz zugesprochen werden sollte, die Ende 1989 an den Mannesmann-Konzern (D2) vergeben wurde. 4/1993 erreichte das D1-Netz der Telekom 130.000 Teilnehmer. 1994 startete das E-Netz, das im Vergleich zum D-Netz über eine geringere Sendeleistung verfügte. Seine Einführung sorgte für einen ersten Preisverfall (Endgeräte, Tarifstrukturen). Seit 2004 ist die dritte Mobilfunkgeneration (3G, UMTS) auf dem deutschen Markt verfügbar.
2011 zählte die Bundesnetzagentur 114 Mio. Teilnehmer auf dem deutschen Mobilfunk-Markt (ein Nutzer kann mehrere Vertragsverhältnisse unterhalten). Das aus dem Mobilfunk abgehende Sprachverkehrsvolumen lag bei 107 Mrd. Minuten und das mobile Datenvolumen bei 93 Mio. GB.