12. Oktober 2022
Im Sommer ist die ergänzende JIMplus-Studie 2022 erschienen. In einer qualitativen (n=36) und quantitativen (n=1060) Untersuchung wurde zwischen April und Juni das Informationsverhalten von Jugendlichen zwischen 14 und 19 Jahren in Deutschland sowie ihr Umgang mit Fake News und Hatespeech beobachtet. Drei Kernergebnisse:
- Tagesaktuelle Nachrichten werden häufig zufällig wahrgenommen, vor allen Dingen über »Gespräche in der Peergroup, gefolgt von algorithmusgesteuerten Vorschlägen (wie z.B. YouTube, TikTok, Instagram) und dem klassischen Fernsehen«. Dabei werden primär Themen als relevant bewertet, die einen Einfluss auf die eigene Lebenswelt haben.
- Der Wahrheitsgehalt einer Nachricht wird vor allen Dingen danach geprüft, ob andere Quellen auch darüber berichten; »Ignorieren ist die verbreitetste Handlungsstrategie«.
- Die Mehrheit der Befragten hat schon Hatespeech wahrgenommen (oft »gegen Sexualität der Menschen allgemein«, »dem äußeren Erscheinungsbild einer Person«). Auch Hatespeech »wird im öffentlichen Kontext vor allem ignoriert«.
16. August 2022
Der in der ersten Jahreshälfte erschienene Global Music Report 2022 der IFPI bestätigt die seit Jahren erkennbare Dominanz von Streaming-Plattformen im weltweiten Musikkonsum: Während im Jahr 2001 noch 97 Prozent der Umsätze der globalen Musikindustrie durch recorded music auf physischen Trägermedien generiert wurden, wurden 2021 rund 65 Prozent der globalen Umsätze durch Streaming auf Plattformen wie Spotify, Apple Music oder Amazon Music erzielt.
Das Streaming von Medieninhalten, das zuerst im illegalen Bereich auf Filesharing-Plattformen erprobt wurde, bevor es im Zuge der Verbreitung kostengünstiger Breitband-Internetzugänge massenkompatibel wurde, wird mit der Digitalisierung folglich im alltäglichen Musikkonsum (wie auch im Falle von Videoinhalten) zur Regel. Damit hat sich für den Bereich der Unterhaltungsmedien (all ihrer politischen Implikationen entkleidet) Jeremy Rifkins (2000) These bewahrheitet, dass das Streben nach Eigentum mit der digitalen Transformation durch ein Streben nach Zugang verdrängt wird (vgl. auch Kap. 5.1 in dem Buch Digitale Transformation).
Der Online-Kauf und Download von Musikinhalten spielt hingegen von Jahr zu Jahr eine immer geringere Rolle und zeichnete sich 2021 nur noch für gut 3 Prozent der globalen Umsätze verantwortlich. Wachstum konnten allerdings physische Trägermedien verzeichnen, deren Umsatzanteil sich mit über 19 Prozent gegenüber 2020 leicht erhöht hat. Insbesondere das sich weiter steigernde Interesse an Vinylplatten trug laut dem Global Music Report zu diesem Trend bei. Dazu passt, dass dem deutschen Bundesverband der Musikindustrie zufolge im ersten Halbjahr 2022 hierzulande mehr als 6 Prozent des Gesamtumsatzes mit Vinyl-Alben generiert wurden (Streaming: 73 Prozent; Download: 2,4 Prozent; CD: 13 Prozent).
5. Juli 2022
Auf rezensionen:kommunikation:medien (4.7.2022) wird der von mir verfasste Einführungsband »Digitale Transformation« (2021) wie folgt besprochen:
»So vermittelt dieses Studienbuch kompakt, transparent und gründlich ohne Frage ein ›Gespür für den Gesamtzusammenhang von Technik und Gesellschaft‹, wie es im Resümee (202) heißt […]. Dabei ist ihm eine Einführung in und ein Überblick über die Thematik der Digitalisierung gelungen, wie sie in dieser argumentativen Stringenz und strukturierten Konsequenz, theoretischen Komplexität und Pluralität, thematischen Breite und Vielfalt und vor allem im gründlichen Verständnis für historische Prozesse und gesellschaftliche Entwicklungen in der Tat (zumindest deutschsprachig) noch nicht vorgelegen hat.«
28. Juni 2022
Der Reuters Institute Digital News Report 2022 ist erschienen und bietet wie in den Jahren zuvor einen Überblick zur weltweiten Rezeption von Nachrichtenangeboten und Nutzung der unterschiedlichen Medienkanäle in der individuellen Versorgung mit tagesaktuellen Informationen. In Deutschland fand die Erhebung zwischen dem 14. Januar und dem 10. Februar 2022 statt; die Stichprobe ist für Internetnutzende ab 18 Jahren repräsentativ. Hier die wichtigsten Links dazu:
Einige Kernergebnisse für die BRD:
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11. Februar 2022
Auf dem 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (Bielefeld, 26.–30.9.2022) richten die Sektionen Medien- und Kommunikationssoziologie sowie Wissenschafts- und Technikforschung gemeinsam eine Veranstaltung mit dem Titel »Polarisierte Zukünfte? Zur Konstruktion, Kommunikation und Konstitution polarisierter und polarisierender Zukunftserwartungen« aus. Aus dem Call for Papers (PDF), der bis zum 14. April 2022 offen ist:
In der öffentlichkeitsorientierten Kommunikation denkbarer zukünftiger Entwicklungslinien […] bietet die Komplexität und Vieldeutigkeit sozialer Erwartungen oftmals auch die Folie für unterschiedliche Polarisierungen […]. Ebenso typisch, aber in sich vielschichtiger, sind binäre Ordnungen des Zukünftigen mit unterschiedlichen normativen Prämissen – so etwa Utopien versus Dystopien, Erlösungs- versus Verdammnisvorstellungen oder Hoffnungen und Potenziale, die Befürchtungen und Risiken entgegengestellt werden. […] Stets aber erweitern all diese Ausprägungen von Zukunftsentwürfen die jeweils adressierten Diskursräume – ausgerichtet an höchst verschiedenartigen Interessen. Sie überziehen die Gesellschaft gleichsam mit Kontingenz und zeichnen sich durch einen auffordernden Charakter aus, der je nach Geltungsanspruch zum Neudenken, Handeln oder Entscheiden aufruft.
[…] Diese gemeinsame Sektionsveranstaltung adressiert einen Forschungshorizont, zu welchem inzwischen ein sehr weites Spektrum an empirischen und theoretisch-konzeptionellen Forschungsarbeiten vorliegt. Wir wollen durch die dargelegte Fokussierung insbesondere drei Schlüsselbereiche in diesem Forschungszusammenhang zu einem intensiven Austausch einladen: (1) Fiktionale Zukunftsentwürfe (z.B. Film, Serien, Games, Clipkulturen), (2) wissenschaftliche Zukunftsentwürfe (z.B. Prototypen, Prognosen, Beratung) sowie (3) algorithmenbasierte Zukunftsentwürfe (z.B. Wirtschaft, Technik, Journalismus).
Leitend sind dabei zwei Fragen: Welche verschiedenen Typen und Formen der Polarisierung von Zukunft charakterisieren die Diskurse? Und: Wie werden die polarisierten Zukunftserwartungen medial konstruiert, authentifiziert und kommuniziert?
29. November 2021
Auf Soziopolis (29.11.2021) bespricht Jonathan Kropf den von mir verfassten Einführungsband »Digitale Transformation« (2021, UTB/transcript) wie folgt:
»Im öffentlichen wie im sozialwissenschaftlichen Diskurs über Digitalisierung finden sich zahlreiche Disruptionsnarrative: Buzzwords wie Web 2.0, Big Data oder künstliche Intelligenz wollen jeweils einen epochalen Umbruch markieren. Es ist vor diesem Hintergrund so bemerkenswert wie angenehm, dass das jüngste Buch von Jan-Felix Schrape die Digitalisierung eben ›nicht als disruptive[n] Bruch […], sondern als inkrementelle[n] Veränderungsprozess‹ (S. 81) perspektiviert. Digitale Transformation […] versteht sich dabei in erster Linie als Lehrbuch und Einführung (S. 12 f.), ist darüber hinaus aber auch Forschenden zu empfehlen, die sich mit Fragen der Digitalisierung beschäftigen und sich einen flüssig zu lesenden und aktuellen Überblick wünschen.
[…] In der Gesamtschau sind das gewissenhafte Vorgehen und die differenzierte Argumentation des Autors hervorzuheben. Schrape betont durchgängig die Ambivalenz der beschriebenen Entwicklungen. Mal schlage das Pendel stärker in Richtung einer Erweiterung und Ermöglichung von Handlungsoptionen, Kreativität und Spontanität aus, mal schwinge es eher in Richtung einer vermehrten Strukturierung und sozialen Kontrolle. Zudem ist durchweg seine Skepsis gegenüber geschichtsvergessenen Erzählungen erkennbar, etwa wenn er betont, dass die Digitalisierung viele bereits bestehende Trends im Bereich der Arbeit lediglich verstärkt, nicht aber hervorgebracht hat (vgl. S. 101–105).
Den Kapiteln ist anzumerken, dass der Autor zu den jeweiligen Themen bereits seit einigen Jahren regelmäßig publiziert. Entsprechend klar und fundiert fällt die Darstellung aus […]. So lässt sich zusammenfassend konstatieren, dass der Band erkennbar von den Vorarbeiten und der Forschungsperspektive des Autors geprägt ist. Die Darstellung von Forschungsfeld und -gegenstand weist damit einen leichten Bias auf; ich möchte das Buch Lernenden und Lehrenden der Soziologie trotzdem empfehlen, kann es ihnen doch als gleichzeitig historisch informierter und aktueller Einstieg in das Thema der digitalen Transformation nützlich sein. Hilfreich dabei ist insbesondere die übersichtliche Gestaltung, unterstützt durch einen klaren Aufbau, zahlreiche Abbildungen und Tabellen sowie stichwortartige Zusammenfassungen am Seitenrand […].«
16. November 2021
Die ARD-ZDF-Onlinestudie 2021 (CATI, 40% Mobilfunkanteil, N=2001, Erhebungszeitraum März/April 2021) ist im Anfang November erschienen. Mit Blick auf die tägliche Nutzung – und damit die Alltagsintegration – von Social Media zeigt sich anhand ihrer Erhebungsergebnisse, dass es mit Ausnahme des seit 2009 operierenden Messaging-Dienstes WhatsApp nach wie vor keine allseits verwendete Plattform gibt, sondern die populären Angebote u.a. je nach Altersgruppe eine alternierende Verwendung erfahren. Anders als das ausgehend von der journalistischen Berichterstattung angenommen werden könnte, spielt Twitter in der alltäglichen Social-Media-Nutzung in Deutschland keine prominente Rolle.
| Gesamt 2018 | Gesamt 2019 | Gesamt 2020 | Gesamt 2021 | 14–29 | 30–49 | 50–69 | 70+ |
WhatsApp | 65 | 63 | 68 | 70 | 91 | 83 | 61 | 39 |
Facebook | 19 | 21 | 14 | 15 | 17 | 24 | 12 | 4 |
Instagram | 9 | 13 | 15 | 18 | 55 | 16 | 6 | 0 |
Snapchat | 6 | 5 | 6 | 6 | 28 | 0 | | |
Twitter | 1 | 2 | 2 | 2 | 2 | 2 | 1 | 1 |
Twitch | | 1 | 1 | 2 | 7 | 1 | | |
TikTok | | 1 | 2 | 5 | 19 | 2 | 1 | |