27. Juni 2024
Der in dieser Form seit 2012 erhobene Reuters Institute Digital News Report 2024 ist erschienen und bietet einen Überblick der weltweiten Rezeption von Nachrichten und zu der Nutzung aktueller Informationsquellen. In Deutschland fand die Erhebung zwischen dem 10. und 28. Januar 2024 statt; die Stichprobe ist für Onliner ab 18 Jahren repräsentativ. Hier die wichtigsten Links dazu:
Einige Kernergebnisse für die BRD:
Weiterlesen »
21. Mai 2024
Auf Soziopolis ist eine Rezension von Thorsten Peetz zu dem Sammelband »Theorien des digitalen Kapitalismus« erschienen, der von Tanja Carstensen, Simon Schaupp und Sebastian Sevignanie herausgegeben worden ist. Peetz kommt in seiner Besprechung zu folgendem Schluss:
»In der Gesamtschau bietet der Sammelband eine Reihe interessanter empirischer Einblicke und theoretischer Überlegungen zur digitalen Gesellschaft. Die Konzentration auf Arbeit und Wirtschaft ist aus kapitalismustheoretischer Perspektive nachvollziehbar. Eine ›integrative Theorie der [digitalen, T.P.] Gesellschaft‹ müsste aber sowohl differenzierungs- als auch kulturtheoretische Motive stärker berücksichtigen. […] Fuchs’ Beitrag wirft zumindest die Frage nach dem Verhältnis der ›Teilbereiche‹ des ›Kapitalismus als Gesellschaftsformation‹ auf. […] Die Beiträge von Nachtwey et al. sowie Reitz et al. machen deutlich, dass kulturelle Vorstellungen über die Welt den Wandel zur digitalen Gesellschaft moderieren. Die Thematisierung von Praktiken der Bewertung und Rechtfertigung eröffnet zudem eine mikroanalytische Perspektive auf die digitale Transformation. Dolata und Schrape schließlich machen klar, dass digitalen Plattformen eine zentrale Rolle in der digitalen Gesellschaft zukommt. Eine ›integrative Theorie der digitalen Gesellschaft‹ müsste also breiter ansetzen als der vorliegende Band und zugleich tiefer in die Praxis des digitalen Wandels vordringen. Ansatzpunkte dafür liefert das Buch allerdings zuhauf.«
10. Mai 2024
In der Reihe Stuttgarter Beiträge zur Organisations- und Innovationssoziologie ist das Diskussionspapier »Distributed Innovation Processes. Key Concepts, Case Studies, Current Developments« erschienen:
This paper provides a brief overview of the concepts of collective invention, user innovation, and open innovation. All three terms describe variants of distributed innovation processes and can be linked to further ideas of socio-economic decentralization. First, the conceptual differences between collective invention, user innovation, and open innovation are elaborated. Second, exemplary case studies from the past decades are presented before more recent forms of distributed innovation in the development of information technologies are discussed. In this context, it becomes evident that distributed innovation processes and internal research and development activities in public and private sector organizations are not in competition with each other but rather in a complementary relationship.
17. April 2024
Vor genau einem Jahr hat der Informatiker, streitbare Technikphilosoph und Digitalfuturist Jaron Lanier im Magazin The New Yorker ein diskussions- und kritikwürdiges Textstück mit dem Titel »There is no A.I.« veröffentlicht.
Sein Kernargument: Eine ›künstliche Intelligenz‹, so wie sie in den letzten Jahren im öffentlichen (und auch sozialwissenschaftlichen) Diskurs adressiert und imaginiert worden ist, gibt es bislang nicht – und wird es auch in absehbarer Zeit nicht geben. Schon der schiere Begriff ›künstliche Intelligenz‹ (KI) führe zu einer Reihe an Missverständnissen und lasse falsche Technikvorstellungen aufkommen:
Weiterlesen »
20. März 2024
Die ersten Beiträge des Handbuchs Medientheorien im 21. Jahrhundert (2024, hrsg. von Christoph Ernst, Katerina Krtilova, Jens Schröter, Andreas Sudmann) werden nun sukzessive als Live Reference Work Entry auf SpringerLink veröffentlicht, darunter auch der Übersichtstext »Theorien der digitalen Gesellschaft«. Aus der Einleitung:
In der gegenwärtigen Phase des offenkundigen Umbruchs, in der neue Medien- und Technikformen schrittweise sämtliche Teilbereiche der Gesellschaft durchdringen, werden medientechnische Strukturen, ihre Entwicklung und ihren Wirkungen zu einem sichtbaren Gegenstand öffentlicher Diskussion, bevor diese mit der Zeit zu einer Selbstverständlichkeit in der Lebenswelt avancieren. Dabei kommt ein Paradoxon zum Tragen, das bereits Marshall McLuhan (1968, S. 364) mit Blick auf den Medienwandel im 20. Jahrhundert aufgezeigt hat: Einerseits ist »jede Generation, die am Rande einer gewaltigen Wandlung steht, […] von der Kraft der neuen Technik hypnotisiert« und daher kaum in der Lage, ihre Effekte mit kritischer Distanz zu reflektieren. Andererseits birgt jeder Umbruch einen Moment der Klarheit darüber, wie grundlegend die Gesellschaft durch Medien bzw. Technik an sich geprägt ist.
Eine abgeschlossene Theorie der Digitalisierung kann insofern noch gar nicht vorliegen – schon alleine, da sich auch Gesellschaftsforschende dem Strudel der Faszination und Nervosität um einen andauernden soziotechnischen Umbruch nicht entziehen können. Nichtsdestominder wurden, auch angesichts des wachsenden öffentlichen Orientierungsbedarfs, in den letzten Jahren in der deutschsprachigen Soziologie vielfältige Theorien zur »digitalen Gesellschaft« mit gesellschaftsumspannenden Erklärungsanspruch formuliert, während in der englischsprachigen Theoriebildung gegenstandsbezogene Perspektiven vorherrschen.
Der vorliegende Beitrag gibt zunächst einen Überblick über einschlägige system- und kulturtheoretische Theorien der digitalen Gesellschaft, die den sozialwissenschaftlichen Diskurs geprägt haben. Nach einer kritischen Würdigung dieser Gesellschaftsentwürfe werden anschließend mit einem Fokus auf den Wandel der Öffentlichkeit und der Arbeitswelt spezifischer zugeschnittene Ansätze zusammengeführt, die auf eingegrenzte Aspekte der digitalen Transformation fokussieren. Abschließend werden die aktuellen Entwicklungen mit der langfristigen Koevolution von Medien und Gesellschaft in Beziehung gesetzt.
15. Februar 2024
Was ist eigentlich Techniksoziologie? Womit beschäftigt sie sich? Welche Theorien und Annahmen prägen den Diskurs? Wie lässt sich das Verhältnis von Technik und Gesellschaft konzeptualisieren? Und: Inwiefern können techniksoziologische Einsichten dabei helfen, die aktuellen Dynamiken der digitalen Transformation (Plattformisierung, KI, hybride Konstellationen zwischen Mensch und Technik) besser zu verstehen? Ulrich Dolata und ich haben in einem Übersichtsartikel für das Lexikon der Arbeits- und Industriesoziologie (2023) den Versuch unternommen, kompakte Antworten auf diese Fragen zu geben.
Zum Übersichtsartikel (PDF) »
24. Januar 2024
Ab dem 2. Februar werden in den USA die ersten User das Apple Vision Pro-Headset in den Händen halten, welches das Tech-Unternehmen als den Beginn einer neuen Ära des Spatial Computings vermarktet. Groß und schwer ist das Gerät auf jeden Fall, soviel ist bekannt. Aber ist die Apple Vision Pro auch »the next big thing«, das tatsächlich eine neue Ära der Computer- und Mediennutzung einleiten wird?
Ein Blick zurück führt vor Augen, dass Vorhersagen zur Diffusion und zum Erfolg neuer Technologien oder Consumer Devices mindestens schwierig – wenn nicht gar unmöglich – sind. Das Apple iPhone ist das beste Beispiel dafür: Weder Microsoft noch Nokia oder andere damals dominante Unternehmen im Mobilfunkbereich konnten sich vorstellen, dass sich dieses für den damaligen Markt viel zu kostspielige Produkt auf breiter Front durchsetzen könnte. Auch in deutschsprachigen Zeitungen und Magazinen dominierte die Skepsis, so z.B. mit Blick auf die im Vergleich zu klassischen Handys eher geringe Akkulaufzeit. Es sollte bekanntlich anders kommen.
Die bisherigen Stimmen zur Apple Vision Pro zeichnen ein ambivalentes Bild: Einige Vorabtesterinnen und -tester vermitteln auf der einen Seite ein hohes Maß an Faszination gegenüber dem Apple-typischen Gesamtpaket aus Hardware, Design und Software. So gut habe das noch kein anderes Unternehmen hinbekommen; das Eintauchen in selbst aufgenommene 3D-Fotos und Videos oder 3D-Filme (z.B. aus dem Star Wars-Franchise) sei ein unvergleichliches Erlebnis. Auf der anderen Seite werden eine Reihe an Rückfragen gestellt: Ist das wirklich eine neue Produktkategorie? Reicht der technische Vorsprung gegenüber anderen VR/AR-Headsets? Ist die Apple Vision Pro angesichts ihres hohen Gewichts alltagstauglich? In welchen alltägliche Situationen macht ihr Einsatz überhaupt Sinn? Was ist die Killer-App? Und: Warum sollte der durchschnittliche User bereit sein, mindestens 3.500 Dollar dafür auszugeben?
Weiterlesen »