9. Juli 2013
Zu dem Sammelband »Internet, Mobile Devices und die Transformation der Medien« ist eine weitere Rezension (Springerlink) in der Fachzeitschrift Publizistik erschienen:
»Dass die digitalen Medien alle Bereiche unserer Gesellschaft grundlegend verändern, ist längst ein Allgemeinplatz. Wie genau aber dieser Wandel abläuft, ist schon schwieriger zu beantworten […]. Der vorliegende Band versteht sich als Beitrag zu dieser andauernden Debatte, wobei seine zentrale These bereits im Untertitel auftaucht. Wir erleben keinen radikalen Wandel, sondern eine schrittweise Rekonfiguration bestehender Strukturen, die keiner einheitlichen Logik, Richtung und Dynamik folgt.
[…] Der Band versammelt eine durchaus beachtliche Bandbreite von Texten, die diese Annahme an ganz unterschiedlichen Gegenständen diskutieren […]. Eher unüblich für einen Tagungsband: Einige Monate nach der Tagung fand ein zusätzlicher Workshop statt, in dem die Autorinnen und Autoren ihre ausformulierten Texte untereinander diskutierten. Dem Band kam dieses Vorgehen zugute […]. Letztlich aber – und das ist nicht als Vorwurf gemeint – wird auch für diese Aufsatzsammlung gelten, dass interessierte Leser wohl kaum den ganzen Band, sondern nur einzelne Beiträge zu ihren eigenen Forschungsinteressen lesen und verwenden werden. Denn der Wert des Bandes liegt gerade darin, zahlreiche fundierte, teils auf eigener empirischer Forschung basierende Beiträge zu versammeln, die uns dabei helfen, die Auswirkungen digital vernetzter Medien auf unsere Gesellschaft besser zu verstehen und zu erklären.«
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5. Juli 2013
Die jährlich durchgeführte repräsentative Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) befasst sich seit 1959 mit den Konsumgewohnheiten und der Mediennutzung der deutschen Bevölkerung (2013: 26.000 Interviews). Einige Kernergebnisse:
Internet — Mobile
- Internetnutzung: 87 Prozent der 14- bis 64-Jährigen nutzen mittlerweile das Internet (2010: 81 Prozent), bei den Befragten über 64 Jahren sind es allerdings noch immer lediglich 29 Prozent (2010: 22 Prozent). Mehrmals täglich nutzen das Internet knapp 60 Prozent der Unter-30-Jährigen und 40 bis 50 Prozent der 30- bis 59-Jährigen.
- Online-Nutzungsschwerpunkte: Bei den jüngeren täglichen Webnutzern dominieren unterhaltungs- und kommunikationsbasierte Verwendungsweisen (unter 30: jeweils über 90 Prozent), ab 30 Jahren hingegen wird das Netz vorrangig zu Informationszwecken konsultiert (Nachrichten, Bewertungen, Service etc.).
- Smartphones/Tablets: 56 Prozent der Befragten besitzen 2013 mindestens ein Handy und 34 Prozent ein Smartphone. 15 Prozent der 4- bis 29-Jährigen und 14 Prozent der 30- bis 44-Jährigen verfügen über einen Tablet-PC (z.B. iPad).Bei den 45- bis 59-Jährigen beträgt dieser Anteil 11 Prozent, über 60 Jahren liegt er bei 3 Prozent (Bevölkerung insgesamt: 9,7 Prozent).
16. Juni 2013
Das letzten Sommer erschienene Büchlein »Wiederkehrende Erwartungen: Visionen, Prognosen und Mythen um neue Medien seit 1970« gibt es nun auch als E-Book für den Amazon Kindle – und zwar für 5,99 € (statt gedruckt für 11,90 €). Als ›Teaser‹ gibt es an dieser Stelle erneut ein paar Ausschnitte aus Einleitung und Schluss:
»Das Morgen ist schon im Heute vorhanden« (Jungk 1952: 17) – sei es in Form von Prophetien oder Weissagungen, die bereits frühen Gesellschaften dabei helfen sollten, ihre Umwelt kontrollierbarer zu machen (Elias 2001: 118), oder als »kritische und systematische Beschäftigung mit der Zukunft« (Flechtheim 1972: 11), wie sie sich seit den 1950er Jahren in den Industrienationen etabliert hat. Ohne Orientierung an der Vergangenheit (Identität) und Zukunft (Kontingenz) können weder Bewusstseins- noch Kommunikationssysteme operieren, ohne Erwartungen können Organisationen keine Entscheidungen treffen (Luhmann 1997: 149). Und da sich seit gut vier Jahrzehnten der Eindruck gewinnen lässt, dass die Gesellschaft in einem immer rascheren Takt von kommunikationstechnischen Innovationen überrollt wird, scheint in diesem Bereich der Bedarf an Auguren unerschöpflich zu sein: Nicht erst seit der Etablierung des Web werden regelmäßig apologetische und apokalyptische Erwartungen formuliert, die neuen Medien radikale Effekte in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen zuschreiben (vgl. schon: Bagdikian 1971). […]
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6. Juni 2013
Lothar Müller beschreibt in einem vor einigen Wochen in der Kulturzeitschrift Merkur publizierten Artikel (kostenfreies PDF) eine Situation, mit der wohl jeder Leser gedruckter Zeitungen vertraut ist – z.B. nach dem knappen Wahlsieg der SPD im Herbst 2002, der erst vergleichsweise spät in der Nacht offenbar wurde:
»Wenn die Deadline der Printmedien überschritten ist, wird die Aktualität weiter bewirtschaftet. Während die Zeitungen gedruckt und ausgeliefert werden, setzt sich ihr Staccato im Radio, im Fernsehen und im Internet fort, und wenn die gedruckten Zeitungen am nächsten Tag erscheinen, ist die letzte Hochrechnung, die sie mitteilen, […] von der Aktualität überholt.«
Das heutige Verständnis von ›Aktualität‹ war gleichsam keineswegs seit jeher selbstverständlich, vielmehr hat nicht zuletzt die Zeitung selbst – im Verbund mit den kommunikativen Infrastrukturen der Neuzeit – diese Spielweise moderner Zeiterfahrung hervorgebracht:
»Die Druckerpresse allein war nicht in der Lage, ein Gebilde wie die Zeitung hervorzubringen. Es dauerte nach Gutenberg noch gut 150 Jahre, bis […] die erste gedruckte Zeitung auf den Markt kam. In diesen 150 Jahren hatte sich […] die moderne Infrastruktur des Postwesens in Deutschland entwickelt. […] Das neue Medium, die Zeitung, nistete sich in diese Infrastruktur der Raumerschließung und Beschleunigung der Zirkulation von Waren und Personen ein.«
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21. Mai 2013
Wer Lewis Mumfords »The Myth of the Machine« (1967/70; dt. 1974) kennt, braucht in Sachen Technikskepsis die Schirrmachers und Spitzers unserer Zeit nicht mehr zu lesen: Mumfords Monumentalwerk (einsehbar auf Scribd) wurde lange als Steinbruch für kulturpessimistische Aussagen par excellence genutzt; es spielt aber heute im Diskurs um die Digitaltechnologien augenscheinlich kaum mehr ein Rolle (was sich auch daran ablesen lässt, dass derzeit keine Neuauflage angeboten wird).
Tatsächlich geben sich mithin nur wenige der über 800 Seiten pauschaler Technikkritik hin, während ihr Großteil die parallelen Entwicklungslinien menschlicher Werkzeuge bzw. Maschinen und Organisationsweisen nachzeichnet. Insofern lässt sich Mumfords Darstellung einerseits als Zeitdokument lesen, andererseits finden sich darin aber auch Argumentationsgänge, die heute noch zum Nachdenken anregen können.
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15. Mai 2013
Auf der Basis der ARD-/ZDF-Onlinestudie, die bereits 1997 das erste Mal erhoben wurde, bieten Annette Mende, Ekkehardt Oehmichen und Christian Schröter in einer aktuellen Ausgabe der Media Perspektiven einen Überblick zu der sozialen Aneignung des Internets (PDF) und insbesondere zu folgenden Entwicklungen:
- Die mindestens gelegentliche Onlinenutzung lag für die Gesamtbevölkerung 1997 bei 7%, 2002 bei 44%, 2007 bei 63% und 2012 bei 76%. Während bei den 14- bis 29-Jährigen bereits ab 2002 (90%) fast eine Volldurchdringung vorlag, nutzten auch 2012 nur knapp über die Hälfte der Über-50-Jährigen das Netz.
- Die zumindest seltene mobile Onlinenutzung lag 2002 über alle Altersgruppen hinweg bei 3%, 2007 bei 5% (das iPhone wurde in der BRD Ende 2007 eingeführt) und 2012 bei 18%, wobei dieser Anteil bei den 14- bis 29-Jährigen 2012 schon bei 42% und bei den 30- bis 49-Jährigen bei 19% lag.
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10. Mai 2013
Ulrich Saxer (1931–2012) war einer der einflussreichsten Medien- und Kommunikationswissenschaftler im deutschsprachigen Raum und trug wesentlich zur Entstehung ebendieser Disziplinen bei. Überdies gründete er im Jahr 2000 die Saxer-Stiftung zur Förderung des publizistik- und kommunikationswissenschaftlichen Nachwuchses, in deren Rahmen auch dieses Jahr eine Zukunftswerkstatt (31. Mai 2013, Zürich) stattfindet, die sich diesmal mit der »Organisation und Erforschung von Medienwandel« beschäftigt und neben Medienwissenschaftlern auch Referenten aus der Praxis (z.B. Roger de Weck) begrüßen wird (siehe Programm).
Passend dazu ist vor einigen Wochen der Band »Medien als Institutionen und Organisationen« erschienen, der sich in seinem kostenfrei abrufbaren Einleitungsbeitrag mit der Frage beschäftigt, inweit Saxers Definition von Medien als »komplexe, institutionalisierte Systeme um organisierte Kommunikationskanäle von spezifischem Leistungsvermögen« im Online-Zeitalter noch zeitgemäß ist.
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