Apple Vision Pro – The Next Big Thing?

24. Januar 2024

Ab dem 2. Februar werden in den USA die ersten User das Apple Vision Pro-Headset in den Händen halten, welches das Tech-Unternehmen als den Beginn einer neuen Ära des Spatial Computings vermarktet. Groß und schwer ist das Gerät auf jeden Fall, soviel ist bekannt. Aber ist die Apple Vision Pro auch »the next big thing«, das tatsächlich eine neue Ära der Computer- und Mediennutzung einleiten wird?

Quelle: Pressemitteilung Apple, Juni 2023

Ein Blick zurück führt vor Augen, dass Vorhersagen zur Diffusion und zum Erfolg neuer Technologien oder Consumer Devices mindestens schwierig – wenn nicht gar unmöglich – sind. Das Apple iPhone ist das beste Beispiel dafür: Weder Microsoft noch Nokia oder andere damals dominante Unternehmen im Mobilfunkbereich konnten sich vorstellen, dass sich dieses für den damaligen Markt viel zu kostspielige Produkt auf breiter Front durchsetzen könnte. Auch in deutschsprachigen Zeitungen und Magazinen dominierte die Skepsis, so z.B. mit Blick auf die im Vergleich zu klassischen Handys eher geringe Akkulaufzeit. Es sollte bekanntlich anders kommen.

Die bisherigen Stimmen zur Apple Vision Pro zeichnen ein ambivalentes Bild: Einige Vorabtesterinnen und -tester vermitteln auf der einen Seite ein hohes Maß an Faszination gegenüber dem Apple-typischen Gesamtpaket aus Hardware, Design und Software. So gut habe das noch kein anderes Unternehmen hinbekommen; das Eintauchen in selbst aufgenommene 3D-Fotos und Videos oder 3D-Filme (z.B. aus dem Star Wars-Franchise) sei ein unvergleichliches Erlebnis. Auf der anderen Seite werden eine Reihe an Rückfragen gestellt: Ist das wirklich eine neue Produktkategorie? Reicht der technische Vorsprung gegenüber anderen VR/AR-Headsets? Ist die Apple Vision Pro angesichts ihres hohen Gewichts alltagstauglich? In welchen alltägliche Situationen macht ihr Einsatz überhaupt Sinn? Was ist die Killer-App? Und: Warum sollte der durchschnittliche User bereit sein, mindestens 3.500 Dollar dafür auszugeben?

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(Überzogene) Technikerwartungen – der Fall »5G«

19. Dezember 2023

Die sehr lesenswerte aktuelle Ausgabe der Zeitschrift für Technikfolgenabschätzung in Theorie und Praxis (TATuP) beschäftigt sich mit dem Thema »Technologie-Hype: Der Umgang mit überzogenen Erwartungen und Versprechungen« (ein Beispiel für einen solchen Hype ist auch die Debatte um generative KI).

Passend dazu ist beim US-Technikportal The Verge vor einigen Wochen ein Artikel erschienen, der sich mit dem Mobilfunkstandard 5G auseinandersetzt, welcher ab 2019/2020 als der Schlüssel für eine volldigitalisierte Gesellschaft gehandelt wurde: »It was the future of mobile communications that would propel autonomous vehicles, remote surgery, and AR into reality. The low latency! The capacity!«

Inzwischen hat sich allerdings gezeigt, dass eine schnelle mobile Internetverbindung nur ein kleiner Baustein in der Realisierung dieser überaus weit ausgeworfenen Technologieprojekte ist: »While it’s true that 5G has actually arrived, the fantastic use cases we heard about years ago haven’t materialized.« Ein gerne unterschätzter Faktor – das haben, wie der The Verge-Artikel vorführt, inzwischen auch die massiv in 5G investierten US-Mobilfunkunternehmen festgestellt – besteht demgegenüber in den sozioökonomischen Aneignungsprozessen in den adressierten Branchen:

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Splitter: »Theorien des digitalen Kapitalismus«

20. November 2023

Beim Suhrkamp-Verlag ist gerade der Sammelband »Theorien des digitalen Kapitalismus« erschienen, der von Tanja Carstensen, Simon Schaupp und Sebastian Sevignanie herausgegeben wird. Der gut 500-seitige Band gliedert sich in vier Teile: Arbeit, Ökonomie, Politik und Öffentlichkeit, Kultur und Subjekte.

Darin finden sich Beiträge von Ursula Huws, Kylie Jarrett, Jamie Woodcock, Sarah T. Roberts, Florian Butollo, Andreas Boes & Tobias Kämpf, Christian Fuchs, Nick Srnicek, Emma Dowling, Thomas Barth, Kean Birch & D. T. Cochrane, Tilman Reitz, Sebastian Sevignani & Marlen van den Ecker, Stefan Schmalz, Philipp Staab, Simon Schaupp, Ulrich Dolata & Jan-Felix Schrape, Anna-Verena Nosthoff & Felix Maschewski, Marisol Sandoval, Tanja Carstensen, Helen Hester, Jodi Dean, Oliver Nachtwey, Johannes Truffer & Timo Seidl, Judy Wajcman, Felix Stalder sowie Eran Fisher.

Aus dem einleitenden Beitrag der Herausgeber:innen:

»Die Debatte um den digitalen Kapitalismus nimmt weiter Fahrt auf. Der Begriff soll Konturen gegenwärtigen Wandels kapitalistischer Gesellschaften bezeichnen, der sich ausgehend vom technologischen Wandel, konkret der Digitalisierung, bestimmen lässt.

[…] Im Überblick zeigt sich dabei dreierlei: Erstens haben wir es mit zumeist partiellen Zeitdiagnosen für einzelne gesellschaftliche Teilbereiche zu tun, deren Zusammenführung gesellschaftstheoretischer Anstrengungen bedarf. Hierfür möchten wir einen Ordnungsvorschlag anbieten, der sich an kapitalismustheoretischen Basiskategorien orientiert, die sich der Marx’schen Theorie und ihren Weiterentwicklungen entnehmen lassen. Zweitens möchten wir skizzieren, wie sich vor dem Hintergrund unseres Ordnungsvorschlages die Entwicklung verschiedener wichtiger Bereiche des digitalen Kapitalismus darstellt, namentlich Produktivkräfte, Arbeitsorganisation, Wertschöpfung, politische und kulturelle Regulation sowie seine Subjekte und Subjektivierungsweisen. Schließlich wollen wir drittens, nach Sichtung und Diskussion der versammelten Beiträge, aus unserer Sicht zentrale konzeptionelle und analytische Herausforderungen für die Theoriebildung zum digitalen Kapitalismus markieren.«


Splitter: »Digitalzwang im Alltag«

6. September 2023

Bereits Anfang August ist ein reporterdesk-Artikel zum Thema »Digitalzwang im Alltag« erschienen, zu dem auch ich einige Einschätzungen beisteuern durfte. Darin geht es vor allen Dingen um die nicht zu unterschätzende Gruppe der Senior:innen, die weder das Internet noch das Smartphone im Alltag regelmäßig nutzen und deshalb viele Services nur noch eingeschränkt nutzen können.

»Der Sozialwissenschaftler Jan-Felix Schrape forscht an der Universität Stuttgart zu den Schwerpunkten Innovations- und Techniksoziologie. Er sagt: ›Ganz grundsätzlich geht es Unternehmen meist darum, persönliche Beratung jetzt in automatisierter Form digital stattfinden zu lassen.‹ […] ›Ein Problem besteht darin, dass die verantwortlichen Unternehmen und deren Abteilungen, die Apps und Software entwickeln, nicht hinreichend reflektieren, dass es viele Menschen gibt, die bislang noch kaum Bezug zur digitalen Welt haben‹, sagt Schrape. Aus techniksoziologischer Sicht lasse sich ›aber immer wieder feststellen, dass es bei neuen Entwicklungen eine große Gruppe an Nachzüglern gibt‹.

[…] Für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ist die Digitalisierung von zentraler Bedeutung. Experten wie Rena Tangens von Digitalcourage plädieren allerdings dafür, bei allen digitalen Umwälzungen wo es geht analoge Zugänge offenzuhalten. Kurz: Es braucht die analoge Alternative. Der Soziologe sagt es so: ›Neue Technologien eröffnen neue Spielräume, gleichzeitig gehen wir damit aber auch immer neue Abhängigkeitsverhältnisse ein.‹

[…] Der Soziologe Jan-Felix Schrape beobachtet, dass ganze gesellschaftliche Gruppen während der laufenden digitalen Transformation aus dem Blick geraten sind. ›Senior:innen und randständige Milieus spielen in vielen politischen und gesellschaftlichen Fragen der Digitalisierung kaum eine Rolle.‹ Er vermutet, das liege an der vorherrschenden Wahrnehmung, Deutschland sei in Sachen Digitalisierung auf einer Nachholposition. […] dadurch fehle die Zeit ›eine Art Interessenausgleich zu diskutieren oder tatsächlich zu sehen, welche Gruppen marginalisiert sind‹.«


Heute ist die Zukunft von gestern XXIV: Künstliche Intelligenz

4. August 2023

»According to some, artificial intelligence (AI) is on the verge of transforming the way we do business. Soon, we are told, ›smart‹ computer programs will begin replacing doctors and lawyers, factory workers and managers. In the face of such hyperbole, it is hard to know whether to jump on the bandwagon or to dismiss the whole enterprise out of hand. AI is indeed moving from the research lab into business, industrial, and professional applications. But it is still a long way from delivering on the more extravagant claims that some have made for it.«

Diese Passage stammt nicht etwa aus der aktuellen Diskussion um ›Künstliche Intelligenz‹ bzw. ›Generative AI‹, die seit der Veröffentlichung von ChatGPT Ende 2022 Fahrt aufgenommen hat, sondern aus dem Auftaktparagraph des Artikels »Thinking About Artificial Intelligence« von Beau Sheil, der im Juli 1987 im Harvard Business Review veröffentlicht wurde. Bereits in den 1980er-Jahren gab es in Fachpublikationen wie auch in der Publikumspresse eine breite Diskussion um die Entwicklung ›intelligenter‹ bzw. ›smarter‹ IT-Systeme, die gegen Ende des Jahrzehnts allerdings schon wieder von einer gewissen Ernüchterung geprägt wurde (vgl. z.B. »Künstliche Intelligenz – der neue Jobkiller?«, 1989). Selbstredend stehen wir heute an einem anderen Punkt der Entwicklung – nichtsdestoweniger lässt sich aus den damals geäußerten Hoffnungen, Befürchtungen und Enttäuschungen vieles lernen.

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