Technikutopismus: Vom Whole Earth Catalog zur Maker Economy — Teil 2

5. August 2018

Nachfolgend Ausschnitte aus einem im Herbst erscheinenden Diskussionspapier zu offenen Werkstätten und Collaborative Commons — Teil 2 von 3 (Teil 1):

In der BRD gewannen politisch begründete DIY-Praktiken, nachdem sich in der Nachkriegszeit aus wirtschaftlichen Engpässen heraus bereits eine Kultur des Selbermachens ausgebildet hatte (z.B. entlang der Schnittmuster der Zeitschrift Burda Moden), mit den Umweltbewegungen der 1970er-Jahre an Prominenz (Andersen 1997): Neben im Fernsehen omnipräsenten Natur- und Tierfilmern wie Horst Stern und Bernhard Grzimek, die Umweltsünden stetig expliziter herausstellten, stellte der 1972 erschienene Report »The Limits to Growth« des Club of Rome den zuvor in der Bevölkerung verankerten Fortschrittsglauben in Frage und schuf ein Grundverständnis für ökologische Ungleichgewichte (Engels 2006; Brand et al. 1997). Eine Antwort auf das daraus resultierende Unbehagen bestand in alternativen Szenen nach dem großpolitischen Scheitern der »68er«-Bewegung in einer Änderung des persönlichen Lebensstils, der sich von Marktzwängen freizumachen suchte und in einer Wiederentdeckung des kleinen Handwerks mündete (Radkau 2011). Eine koordinierende Funktion übernahmen Stattzeitungen, die in ihrer Aufmachung Ähnlichkeit zum WEC aufwiesen (Drücke 1998).

Die konzeptuelle Basis hinter dieser Hinwendung zu dezentral organisierten Produktions- und Konsumweisen bestand – neben einem Konvolut an alarmierenden Schriften zum naturzerstörenden Einfluss des Menschen (Hermand 1991) – in zahlreichen großindustriekritischen Arbeiten u.a. von Robert Jungk (1973), Otto Ullrich (1977) und Ernst F. Schumacher (1973). Insbesondere Schumachers Vorstellung einer »economics of permanence«, die großen Einfluss auf die internationale Umweltbewegung hatte, nahm zentrale Ideen einer Postwachstumsgesellschaft vorweg und sah den Schlüssel für ein Überleben der Menschheit ähnlich wie Stewart Brand in einem veränderten Umgang mit existenten und künftigen Technologien:

»[…] a technology with a human face, is in fact possible […]. It serves production by the masses instead of mass production. […] I have no doubt that it is possible to give a new direction to technological development, a direction that shall lead it back to the real needs of man, and that also means: to the actual size of man. Man is small, and, therefore, small is beautiful. To go for gigantism is to go for self-destruction.« (Schumacher 1973: 117f.)

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