Exmatrikuliert: Tschüss, StudiVZ!
10. Juni 2012Update 11.6.: Das wars wohl endgültig – Meedia, Spiegel, Basic Thinking u.v.a. berichten.
Schon häufig wurde über das Ende der VZ-Netzwerke spekuliert (z.B. auf wannstirbtstudivz.net) und nun scheint ist es tatsächlich bald soweit zu sein: Medienberichte über Entlassungen bei der VZ-Gruppe machen die Runde (vgl. z.B. Horizont, SZ) und in Sachen Nutzerzahlen rutschen studiVZ, schülerVZ und meinVZ schon seit gut zwei Jahren zunehmend in den Bereich der Bedeutungslosigkeit.
Aus heutiger Sicht gerät dabei leicht aus dem Blick, dass StudiVZ hierzulande noch vor wenigen Jahren als Vorzeigeprojekt bzw. Synonym für den neuerlichen Hype um das Web 2.0 gehandelt wurde. So ließ sich etwa im Spiegel Spezial 3/2007 lesen:
»Im Oktober 2005 gründete [der Informatik-Student Dennis Bemmann] mit seinen Geschäftspartnern StudiVZ. Das Studentennetzwerk, das bis in die Details hinein wie eine Kopie von Facebook wirkt, ist eine Mischung aus Mensa, Hörsaal und Schwarzem Brett, aus Uni-Zeitung und Studentenkneipe. Mitglieder können ihre Uni, Studienfächer und private Vorlieben angeben, Freunde sammeln, Fotos hochladen und auf einer virtuellen Pinnwand Nachrichten schreiben. Rund zwei Millionen Mitglieder sind inzwischen dabei – im Januar wurde die Firma für geschätzt 85 Millionen Euro an Holtzbrinck verkauft.
Es herrscht wieder Gründerzeit in der deutschen Online-Welt. Bei SinnerSchrader, jener Hamburger Internet-Agentur, die als eine der wenigen den großen Crash überlebte, ist von ›neuer Lust und neuer Leidenschaft‹ die Rede, der Untergang der klassischen Medien schon wieder in Sicht.«
Bereits 2009 tauchten in der Blogosphäre jedoch die ersten Prophezeiungen zu einem baldigen Ende von StudiVZ auf, denn einige zentrale strategische Fehler deuteten sich schon damals an und sind bis heute allenfalls halbherzig behoben worden:
- Nationale Ausrichtung: Nach Internationalisierungsbestrebungen konzentrierten sich die VZ-Netzwerke ab 2009 auf den deutschsprachigen Markt, was für die Zielgruppe der Schüler vielleicht noch kaum ein Problem darstellte (SchülerVZ), die Pflege ihrer weak ties aber schon für Studierende deutlich erschwerte. Wer nicht mehrere Profile auf verschiedenen Plattformen administrieren, aber trotzdem Kontakt zu Bekannten weltweit halten wollte, präferierte dementsprechend Facebook.
- Usability: Die VZ-Netzwerke fielen von Beginn an nicht durch intuitive Bedienbarkeit auf, obwohl sich ihr Funktionsumfang zugleich in Grenzen hielt. Dazu kamen regelmäßig die schon sprichwörtlichen Fehlermeldungen und mitunter die Unsicherheit, ob die versendete Message auch tatsächlich ihren Empfänger erreicht. Sinnvolle Anbindungen an andere Dienste im Social Web suchten die VZ-Nutzer zudem bis zuletzt vergeblich.
- Aufdringliche Werbung: Anders als auf Facebook wurden die Onliner in den VZ-Netzwerken nicht nur mit großflächiger Banner-Werbung konfrontiert, sondern zeitweise auch mit Newslettern, Promo-Aktionen und sogenannten ›Edelprofilen‹ bombardiert. Die Illusion eines semi-privaten Raums, in dem es primär um freundschaftliche Vernetzung und weniger um Werbeeinnahmen geht, wurde durch derart aggressive Advertising-Strategien zerstört.