Huffington Post Deutschland: The American Way?
10. Oktober 2013Heute startet The Huffington Post ihr deutschsprachiges Angebot in Kooperation mit der Tomorrow Focus AG. Mit dabei: Cherno Jobatey als ›Editorial Director‹ (!?). Wird die deutsche Huffington Post ähnlich erfolgreich werden wie ihr amerikanisches Pendant, das laut State of the News Media Report 2013 in den USA seit Jahren zu den meist aufgerufenen Nachrichtenseiten im Web zählt? Wird sie der bislang vermisste Aggregations- und Knotenpunkt der deutschsprachigen Blogosphäre? Wie wird ihr Geschäftsmodell hierzulande ankommen? Wird sie sich politisch tendenziell linksliberal oder doch eher konservativ positionieren?
All diese Fragen lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt selbstredend noch nicht oder nur tentativ beantworten – einmal abgesehen davon, dass sich die Riege der zum Launch bloggenden Autoren mehr oder weniger aus dem bekannten Focus-Standard-Repertoire speist (z.B. René Obermann, Boris Becker, Nicolas Berggruen, Ursula von der Leyen, Dorothee Bär, Uschi Glas, Sascha Pallenberg, Thilo Specht).
Möglich und aufschlussreich aber ist – wie in vielen Fällen – ein Blick über den Teich in die Vereinigten Staaten, wo die Huffington Post bereits im Mai 2005 als partizipative Nachrichten- und Kommentarplattform online ging und 2011 durch Arianna Huffington für 315 Mio. US-Dollar an AOL verkauft wurde – freilich ohne die größtenteils freiwilligen Autoren daran zu beteiligen. 2012 erhielt die Huffington Post als erste kommerziell betriebene amerikanische Online-Zeitung einen Pulitzer-Preis.
Passend zum Zeitalter der »Ökonomie der Aufmerksamkeit« (siehe Franck 1998 als PDF sowie Franck 2007 auf Springerlink) offeriert die Huffington Post den Bloggern, die das Portal neben wenigen Redakteuren mit den allermeisten Inhalten (über 1500 Beiträge täglich) versorgen, nicht Geld, sondern Popularität – wer für die HuffPo schreibt, wird mit einem Verweis auf das eigene Weblog bezahlt. Einige Stimmen wehren sich gegen dieses Modell, andere wiederum freuen sich über den Werbeeffekt in eigener Sache. Die Autoren bekommen eben nicht »nichts«, sondern erhalten ihr Payment in der Zentralwährung der Informationsgesellschaft: Sichtbarkeit, Reichweite und Aufmerksamkeit. Und natürlich will – und muss – The Huffington Post Media Group als privatwirtschaftliches Unternehmen mit diesem Konzept Geld verdienen – wie auch die meisten Betreiber anderer Plattformen im Social Web.
Eine andere Frage besteht freilich darin, inwieweit die HuffPo der journalistischen Qualität hierzulande zu- oder abträglich sein wird: In den USA sehen einige Kritiker in ihr vordringlich eine suchmaschinenoptimierte Content-Aggregationsmaschine, die vor allen Dingen Anzeigen verkaufen will (siehe nachfolgendes Youtube-Video), während sie andere als bedeutende Etappe auf dem Weg in eine partizipative Medienwelt einstufen. Die Reaktionen auf den Launch der deutschsprachigen Huffington Post am 10.10.2013 waren in der Blogosphäre im Vorfeld jedenfalls äußerst gespalten (siehe Webschau von DRadio Wissen).
Update: Eine treffendes Resümee zum ersten HuffPo-Tag liefert Nils Jacobsen auf meedia.de. Dass das journalistisch sternstunden-mäßige Interview mit Lothar Matthäus heute (11.10.) bei den meistgelesenen Artikel noch immer auf den vordersten Rängen rangiert, spricht m.E. für sich.