Next Frontiers: Die Wissenschaft (von) der Zukunft
Jan-Felix Schrape | 20. Mai 2025Nicht nur in Diskussionen zu den gesellschaftlichen Auswirkungen von generativer künstlicher Intelligenz und autonomer Technik wird die Gegenwart der Zukunft offenkundig; gerade in Zeiten des Umbruchs rückt die Frage nach den Potenzialen und Risiken möglicher Zukünfte in den Mittelpunkt gesellschaftspolitischer wie sozialwissenschaftlicher Debatten.
Im Rahmen des Zukunftskongresses »Next Frontiers. Applied Fiction Days« (Universität Stuttgart) findet am Donnerstag, den 5. Juni 2025 ab 14 Uhr der öffentliche Workshop »Die Wissenschaft (von) der Zukunft – Erkundungen im Grenzgebiet des Möglichen« mit Beiträgen von Alexander Mäder (HDM Stuttgart), Eileen Mandir (Hochschule München), Christoph Sorg (HU Berlin) sowie Marco Sonnberger und Jan-Felix Schrape (beide Universität Stuttgart) statt. Darum geht es:
Über mögliche Zukünfte kann die Wissenschaft eigentlich nichts sagen, denn als Objekt möglicher Untersuchungen steht sie noch nicht zur Verfügung. Die Zukunft ist per definitionem offen, daher werden Entscheidungen in der Gegenwart immer unter Unsicherheit oder Nichtwissen bezüglich der zukünftigen Auswirkungen getroffen. Angesichts multipler Krisenlagen wird allerdings die Zukunft zum »Problem«, das bearbeitet werden muss. Zukunftsbezogene Planung, das systematische Entwerfen und Entwickeln von Zukünften gewinnt vor diesem Hintergrund wieder neue Bedeutung. Was bedeutet dies für die Wissenschaft als Praxis?
Immer schon gab es Verknüpfungen, die die Wissenschaft als Quelle für Szenarien, Modelle oder »Realutopien« heranzogen. Solche Kulturtechniken des »Futuring« finden sich in ganz verschiedenen Fächern und mit ganz verschiedenen Ausprägungen. Anders als in den Technikutopien vergangener Zeiten scheinen die heutigen Formen des kollektiven Futuring vor allem auf Partizipation abzustellen: Die Zukunft soll »unsere«, eine »von uns« gemachte sein. Während das Ausmalen von Untergangsszenarien nicht schwerfällt, bedürfen Realutopien, Business-Pläne und plausible Zukunftsszenarien der gemeinsamen Anstrengung. Wissenschaft und Gesellschaft müssen dazu irgendwie zusammenfinden.
Derartige plausible Szenarien einer positiven Zukunft sind gesellschaftlich nachgefragt: Dem kollektiven Pessimismus begegnet man am besten, indem man den Imaginationsmuskel gemeinsam übt. Welchen Beitrag können verschiedene Wissenschaften hier leisten? Welche Fächer haben – aus welchen Gründen – eine besondere Affinität zum Möglichkeitssinn? Ist so etwas wie eine start-up-Kultur in der Wissenschaft denkbar und sinnvoll? Wie ist das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft zu überbrücken, zu vermitteln, zu beleben?