Der Wandel des Buchhandels

6. Januar 2011

Schon bevor Apple im April 2010 das iPad lancierte, schlugen die Visionen und Prognosen zum elektronischen Buch ähnlich hohe Wellen wie bereits Ende der 1990er Jahre. So wurde auf den Experimental-Seiten der ›Zeit‹ 2009 schon einmal vorsorglich den Tod der klassischen Buchindustrie in allen verfügbaren Farben ausgemalt:

»Genauso selbstverständlich, wie die Großeltern eine Platte auf den Dual legten, laden sie sich [.] die kommentierte und verlinkte Ausgabe der Kurzgeschichtensammlung von Marie Luise Kaschnitz aufs Handy […]. Es sind die gut verdienende Mittdreißiger, die ihr Leben jetzt schon mit dem iPhone organisieren. […] Die Vorstellung, 200 Bücher der Gegenwartsliteratur auf einem Gerät mit in den Urlaub zu nehmen, entspricht heute schon einer ganzen Generation, die zeitlich und räumlich völlig ungebunden ist. […] Wenn Bücher zu Dateien werden und Literatur zu Content, wird sich daran kaum ein brauchbares Geschäftsmodell knüpfen lassen. Einen wirksamen Kopierschutz wird es nicht geben. Wer digitale Bücher allen Ernstes kauft, wird dafür einen niedrigen Einheitspreis à la iTunes bezahlen […].«

Tatsächlich stellen das Internet und die Digitalisierung den Buchsektor seit Mitte der 1990er Jahre vor große Herausforderungen. Dabei lassen sich mit dem Online-Buchhandel, digitalen Zusatzprodukten und dem Auftreten marktfähiger Technologie-Sets zur Substitution des gedruckten Buches drei Wirkungsbereiche der neuen Technologien ausmachen. Das Buch braucht den klassischen Buchhandel nicht mehr zwangsläufig, um seine Leser zu erreichen, Inhalte müssen nicht mehr auf physischen Medien erworben werden und Kopierschutzverfahren werden nun auch für den Buchsektor relevant.

E-Reader buchhandel

Neben kurzfristigen Transformationshypothesen, die je nach Standpunkt eine schwarzdunkle oder hell erleuchtete digitale Zukunft für das Kulturgut Buch ausmalen, liegen jedoch kaum tiefenscharfe umfassende Studien zur weiteren Entwicklung der Buchindustrie vor. Das Discussion Paper »Der Wandel des Buchhandels durch Digitalisierung und Internet« aus der Reihe »Stuttgarter Beiträge zur Organisations- und Innovationssoziologie« möchte – mit Blick auf die BRD – einen ersten Schritt in diese Richtung gehen, nimmt die Marktverschiebungen der letzten 15 Jahre in den Blick, die aus dem Auftreten von Hörbüchern, Online-Buchhandel, Books-on-Demand und E-Books resultieren, und entwirft auf dieser Grundlage drei Szenarien zur Zukunft des Buchhandels. Deutlich wird dabei, dass das Eingriffspotential der Digitaltechnologien auf diesem Feld ebenso hoch bewertet werden kann wie im Falle der Musikindustrie. Allerdings laufen die entsprechenden Verschiebungen bislang zeitlich entzerrter ab.

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Splitter: Die Umwelt transparent gemacht

9. Dezember 2010

Die Welt ist komplex – und ein Stück weit Orientierung darin bietet Wikihood, als iPhone-App schon seit 2008 in ständig verbesserten Versionen verfügbar und mehrfach preisgekrönt: Zuletzt auf der iPhone Developer Conference als bestes App in der Kategorie “Entwicklung”. Seit dieser Woche allerdings können auch Onliner, die kein iPhone oder iPad besitzen, auf Wikihood zugreifen und zwar in der Special Edition Wikihood World Browser – für Nutzer des Google Chrome-Browsers als Chrome Web App und für Apple-Safari-Nutzer auch als klassischer Webdienst (weitere Browser werden wohl folgen).

Das Prinzip der kostenfreien Anwendung: Die Wikipedia zu einem standortbezogenen Dienst (local based service) zu veredeln und dem jeweiligen Nutzer die interessanten Einträge zu seiner unmittelbaren Umgebung zu liefern. Auf dem Smartphone funktioniert das durch die integrierten GPS-Dienste und im Browser des Notbooks oder Desktops durch die Lokalisierung des genutzten WLAN-Netzes. Der Wikihood World Browser präsentiert sich als eine gelungene Verbindung aus Wikipedia sowie Google Maps und wird auf diese Weise zu einem idealen Reiseführer, der auf der ganzen Welt seinen Dienst tut. Oder schlicht zu einem idealen Werkzeug für Neugierige wie mich, die Interessantes und Kurioses in ihrem Umfeld entdecken wollen.

Wikihood World Browser


Cybook Orizon: Die Zukunft des Lesens?

27. November 2010

Das Buch als entschleunigende Freizeitlektüre hat sich bislang in bemerkenswerter Weise der Digitalisierung entzogen: Zwar wird schon seit vielen Jahren über die Wachablösung des gedruckten Buches fabuliert und es werden immer wieder neue Versuche gestartet, die unterschiedlichen Anspruchsgruppen von den Vorzügen der E-Reader zu überzeugen, aber bis dato hat sich der durchschnittliche Bücherkonsument diesbezüglich als äußerst widerspenstig erwiesen. Und dabei geben sich auch hierzulande einige Hersteller, Buchhandelsunternehmen und Verlage redlich Mühe, mit stetig verbesserten Lesegeräten, intuitiveren virtuellen Buchläden und wachsenden E-Book-Katalogen an die Benutzerfreundlichkeit gedruckter Bücher heranzukommen.

Der neueste Versuch besteht in dem nur noch 8 Millimeter dünnen Cybook Orizon des französischen Unternehmens Bookeen, das seit ein paar Tagen für rund 230 Euro auch im deutschen Online-Handel erhältlich ist und die digitale Lektüre dank seines Multitouch-Displays ins Zeitalter des iPads katapultieren will. Vollmundig verspricht der hauseigene Werbetext eine neue Generation von E-Book-Readern, mit dem sich Texte auf einem hochauflösenden papierähnlichen Display (167 dpi) lesen und mit Fingerstrichen umblättern bzw. vergrößern lassen. Darüber hinaus soll das Gerät drei Wochen ohne Stromzufuhr auskommen, bis zu 2000 Bücher speichern, via W-LAN den Zugriff auf neue E-Books und das Internet allgemein ermöglichen und dem Leser zudem die Option bieten, Markierungen und Notizen im Text vorzunehmen.

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E-Books III: iPad & elektronische Bücher

30. September 2010

Jüngster Mitbewerber (auch) auf dem E-Reader-Markt ist das Apple iPad, welches sich stark von Konkurrenten wie dem Amazon Kindle (in Deutschland noch immer nicht im regulären Handel) oder dem Sony Reader unterscheidet. Unter anderem nutzt das iPad nicht, wie alle anderen E-Reader, ein hochauflösendes und von Sonnenlicht unbeeinflusstes E-Ink-Display mit Graustufendarstellung, sondern ein farbiges Multi-Touch-Display mit LED-Hintergrundbeleuchtung, was Amazon sogleich zu einem recht amüsanten vergleichenden Werbespot inspiriert hat:

[Nicht mehr verfügbar]

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E-Books II: Nachrichten aus der Vergangenheit

14. September 2010

Prognosen sind kein einfaches Geschäft, keine Frage. Hin und wieder zeigt freilich ein Blick in die Vergangenheit, wie vorsichtig man mit weitreichenden Transformationshypothesen sein sollte: Microsofts Vorstellungen zum  E-Book-Markt 2020 aus dem Jahre 2000 könnte jedenfalls nur noch wahr werden, falls sich die Entwicklungsgeschwindigkeit in den kommenden Jahren erheblich steigern sollte (siehe Screenshot)…

Microsoft Prognose E-Books

Solche übersteigerten Visionen werden ja allgemeinhin gerne wieder vom Netz genommen, via Web Archive bleiben sie allerdings der Nachwelt erhalten.