Open-Source-Software & IT-Konzerne: MS GitHub

5. Juni 2018

Das US-amerikanische IT-Unternehmen Microsoft kauft GitHub für 7,5 Mrd. US-Dollar. Zum Vergleich: Die Akquisition von LinkedIn hat 2016 über 26 Mrd. US-Dollar gekostet (siehe Übersicht zu Microsoft-Akquisitionen seit 1987). Microsoft Vice-Präsident Nat Friedman soll neuer CEO von GitHub werden. Die Übernahme wird in der Developer-Szene kontrovers diskutiert (Überblick auf heise online; golem.de).

In zwei Hinsichten ist diese jüngste Akquisition freilich nur ein weiteres Symptom eines Trends, der seit einigen Jahren immer deutlicher hervortritt (siehe dazu die Bücher »Collectivity and Power on the Internet« sowie »Open-Source-Projekte als Utopie, Methode und Innovationsstrategie«):

  • Zum einen lässt sich seit der Jahrtausendwende ganz allgemein ein zunehmende Professionalisierung und Korporatisierung von Open-Source-Projekten bzw. ein stetig intensiveres Involvement von führenden Technologieunternehmen in die entsprechenden Entwicklungskontexte feststellen. Mehr noch: In einer sich seit 30 Jahren beständig ausweitenden und durch äußerst kurze Innovationszyklen geprägten Softwareindustrie sind Open-Source-Entwicklungsvorhaben inzwischen zu zentralen Inkubatoren für übergreifend genutzte Plattformen (z.B. OpenStack) und Frameworks (z.B. OpenSSL) sowie branchenfundamentale Infrastrukturen (z.B. Apache HTTP Server, Linux Kernel) geworden, gerade auch weil sich quelloffene Software ohne großen administrativen Aufwand durch die ausführenden Programmierer selbst erproben und an spezifische Anforderungen anpassen lässt.
  • Zum anderen kann auch Microsoft im Speziellen – also das Unternehmen, das Open Source lange als »intellectual-property destroyer« bezeichnete (Computerworld 3/2001: 78) – mittlerweile auf eine relativ lange Geschichte eigenen Open-Source-Involvements zurückblicken: 2012 hat Microsoft die Tochterfirma MS Open Technologies lanciert und seitdem u.a. das Framework .NET, Software-Development-Kits für den Cloud-Computing-Dienst Azure sowie viele weitere Komponenten unter freie Lizenz gestellt »to achieve a strategic objective, such as promoting industry standards, advancing interoperability, or attracting and enabling our external development community«. Welche genauen Anteile ihrer Entwicklungsausgaben marktführende Konzerne wie Microsoft in Open-Source-Projekte investieren, lässt sich freilich kaum gesondert abschätzen, da quelloffene Elemente mittlerweile für zahlreiche herstellerspezifische Architekturen von Bedeutung sind.

Open-Source-Softwareprojekte sind heute ein integraler Bestandteil der IT-Industrie. Sie stehen als branchenweite Kollaborationsschnittstellen heute indes nicht mehr in Konkurrenz zu eingespielten Formen sozioökonomischer Produktion und Verwertung, sondern ergänzen und erweitern diese.


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