Querverweis: Pegida, Medien, Aufmerksamkeit

29. Januar 2015

Der Soziologe und Bewegungsforscher Simon Teune kritisiert in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung u.a. den Umgang professioneller massenmedialer Anbieter mit dem Phänomen »Pegida« (vgl. dazu auch den Pressespiegel der BpB):

»Die Aufmerksamkeit, die den selbsterklärten Verteidigern des Abendlandes unter dem Label Pegida zuteil wurde, ist kaum zu fassen. […] Die Diskussionen über die neusten Montagsdemonstrationen füllten Zeitungen, Talkshows und die Timelines der sozialen Medien. Sicher, es geht um die größte rassistisch grundierte Mobilisierung in der Nachkriegsgeschichte. […] Insofern muss Pegida Thema sein. Aber: Die Demonstrationen bleiben doch ein lokales Phänomen. Dass die Berichterstattung alle Rekorde sprengte und beinahe jedes Plakat direkt übertragen wurde, hat die Bewegung erst aufgewertet.

[…] Die professionellen Medien haben Pegida in einer Aufmerksamkeitskaskade auf der Agenda immer weiter nach oben gerückt. […] Die jüngsten Demonstrationen waren geradezu belagert von Korrespondenten, die bemüht waren, die Pegida-Marschierer zu verstehen. […] Es erschien nur folgerichtig, dass die Redaktionen die Organisatoren umwarben. […] All das summiert sich zu einem Szenario, das für andere Protestbewegungen schlicht unvorstellbar ist. Zwar ist die Faszination für Pegida nicht mit Unterstützung gleichzusetzen […] Trotzdem bereitet man den Protestierenden eine kolossale Bühne.

[…] Die Selektivität des Interesses an den Sorgen und Ängsten der Menschen ist verstörend. Kein Parteivorsitzender hat vor Fernsehkameras die Arme für die seit Jahren protestierenden Flüchtlinge ausgebreitet. Die Obsession für Pegida wirft ein übelerregendes Schlaglicht darauf, wer in der Bundesrepublik Verständnis und Aufmerksamkeit erwarten kann.«

Spitz formuliert: Hätte die durch ihre Anhänger gerne so titulierte »Lügenpresse« tatsächlich »ihre Fresse« gehalten, hätte die »Pegida«-Bewegung nicht das hohe u/o überhöhte Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit bekommen, das sie derzeit genießt.


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